Jetzt spielen Hunde die Hauptrolle
Für das Stück „Supergute Tage oder Die sonderbare Welt des Christopher Boone“ suchte das RLT einen Hund, der mitspielt. So lief das Casting am Theater.
Neuss. Sieben aufgeregte Hunde stehen im Foyer des Rheinischen Landestheaters. Die nicht weniger nervösen „Frauchen“ halten sie an der Leine und lauschen den Worten von Catharina Fillers. Die 45-Jährige ist freie Regisseurin. An diesem Abend sucht sie für das von ihr inszenierte Stück „Supergute Tage oder Die sonderbare Welt des Christopher Boone“ einen Hund als Besetzung. „Ich habe bisher immer nur Menschen gecastet“, sagt Fillers und sorgt damit für Heiterkeit. „Schauspieler bringen eine klassische Rolle mit und singen ein Lied!“ Das kann sie von den Hunden wohl kaum verlangen...
Dann geht es auch schon los. Fühlt sich der Hund auf der Bühne wohl? Versteht er sich gut mit den Schauspielern? Wie reagiert er auf Applaus? Und wie wirkt der Hund auf Zuschauer? sind die entscheidenden Fragen. Der erste Hund ist Socke, ein elf Jahre alter Elo. Locker geht er auf Hauptdarsteller Michael Großschädl zu, der im Stück den Asperger-Autisten Christopher spielen wird. Socke schnuppert und geht weiter zu Joachim Berger, der Christophers Vater Ed darstellt. Berger testet gleich seine Autorität: „Sitz!“ Socke gehorcht. Dann der nächste Test: „Lauf“, sagt Berger. Im Stück bringt Ed den Hund — da trägt er den Namen „Sandy“ — mit auf die Bühne, um ihn seinem Sohn Christopher zu schenken. Der Hund muss also von Berger zu Großschädl laufen.
Doch Socke bleibt regungslos sitzen, hechelt und wedelt mit dem Schwanz. Berger versucht es erneut: „Lauf!“ Socke läuft los, an Michael Großschädl vorbei zu seinem Frauchen und sorgt damit für große Heiterkeit. Beim dritten Versuch klappt es dann — als Michael Großschädl mit einem Leckerchen lockt. Doch Socke lässt seinen Charme spielen. Berger: „Och, ist der süß. Ich will auch einen Hund haben!“
Am Ende des Castings wird er schwärmen: „Ich habe mich in alle Hunde verliebt und könnte die gerne mitnehmen.“ Zu dem Zeitpunkt haben Schauspieler und Regisseurin schon viel gesehen: Kunststücke, wie den „Nasenfisch“ oder „Winke Winke“, Hunde die sich verbeugen und tot stellen können, Hunde die von der Bühne springen, verspielte Hunde, ruhige Hunde, Jagdhund, Zirkushund. „Jeder Hund hat einen eigenen Charakter. Man hatte wirklich das Gefühl, es mit richtigen Persönlichkeiten zu tun zu haben“, sagt Michael Großschädl. Bei einer der vielen lustigen Pannen kommentiert Fillers: „Das Gefährliche bei Tieren auf der Bühne ist, wenn jeder merkt: Es geht schief. Das finden dann alle wahnsinnig witzig.“ Das dürfe nicht passieren, schließlich komme es auf die Handlung des Stücks an. Aber warum dann einen echten Hund einsetzen? „Das passt zur Entwicklung von Christopher“ erklärt Fillers. „Er stellt sich im Stück der Realität. Am Anfang verwenden wir eine Hunde-Atrappe, zum Schluss einen realen Hund.“
Und dafür suchen Schauspieler und Regisseurin schließlich zwei Hunde aus: Coco, einen 5-jährigen Mischling aus Cockerspaniel und Pudel. Besitzerin Jana Thomes hat von dem Casting in der Zeitung gelesen. „Da dachte ich, ich rufe einfach mal an.“ Coco gehe zur Hundeschule, lerne sehr schnell und liebe Menschen. Der zweite ausgesuchte Hund ist Sky, ein drei Jahre alter Mischling aus Labrador und Retriever. Besitzerin Hannah Nierhaus macht gerade ein freiwilliges soziales Jahr im RLT. Ihr Hund ist also schon an alle gewöhnt.
Beiden Hunden stehen nun die Proben bevor — auch vormittags, was Flexibilität von den „Frauchen“ verlangt. Und im März wird es dann ernst: Neun Auftritte in Neuss und fünf Abstecher in NRW-Kommunen sind geplant.