Kaarst: Bahnunfall - War das Signal zu übersehen?

Mankartzweg: Experte verweist auf Risiken. Stadt diskutiert Erneuerung des Bahnübergangs.

Kaarst. Zahlreiche Kerzen und ein kleines Holzkreuz stehen mittlerweile unter dem Andreas-Kreuz des unbeschrankten Bahnübergangs am Mankartzweg, an dem der 16-jährige Tobias am späten Montagnachmittag auf tragische Weise ums Leben kam. Der Osterather war mit seinem Motorroller auf dem Weg zu einem Treffen mit Freunden gewesen und von einem Personenzug erfasst worden.

Auch den ehemaligen Verkehrssicherheitsingenieur Franz Schilberg schockiert das Unglück des Hauptschülers. Jahrelang beschäftigte sich der Bergisch-Gladbacher beruflich mit Unfall- und Sicherheitsforschung. Auch nach seiner Pensionierung hat das Thema den 79-Jährigen nicht losgelassen: Im Arbeitsausschuss der Stadt Köln ist er noch immer mit Forschungen im Verkehrs- und Unfallwesen betraut und sucht nach Möglichkeiten, potenzielle Unfallstellen sicherer zu machen.

"Das ist Wahnsinn. Mit einem sicheren und nicht so veralteten Bahnübergang wäre es wahrscheinlich nicht zu dem Unglück gekommen", sagte Schilberg bei einer Besichtigung des Unfallortes. Standort und Ausrichtung der roten Signalleuchte, die Tobias vor dem herannahenden Zug hätte warnen sollen, sorgten für ein ungläubiges Kopfschütteln beim 79-Jährigen: "Je nach Konstellation ist es gut möglich, dass der Junge das Signal gar nicht sehen konnte."

Grund hierfür sind Sträucher und Stahlsäulen, die auf der Strecke aus Richtung Osterath die Sicht auf die Signalleuchte über einige Meter komplett verdecken. Erst etwa zehn Meter vor dem Bahnübergang ist die Signalleuchte zu sehen - wenn man sich weit genug auf der rechten Seite des Weges befindet. Von der linken Wegseite ist wegen des großen Winkels nur ein unscheinbares Leuchten zu erkennen. "Je nach Einfall der Sonnenstrahlen ist es noch schwieriger, das Signal zu sehen. Es ist bei weitem nicht deutlich und rechtzeitig genug zu erkennen. Schon gar nicht, wenn man auf einem Motorroller unterwegs ist", sagte Schilberg, der glaubt, dass das Unglück durch eine besser ausgerichtete Signalanlage hätte vermieden werden können.

Die optimale Lösung sei ohnehin ein (teil-)beschrankter Bahnübergang. "Aber die unbeschrankten Bahnübergänge haben leider noch immer Bestandsschutz", sagt Schilberg. Heißt: Nur bei Sanierung oder Neubau eines Bahnübergangs müssen zumindest Halbschranken und zwei Signalleuchten pro Straße installiert werden.

Das hätte laut Bahnsprecher Udo Kampschulte am Bahnübergang am Mankartzweg schon längst passiert sein können: "Seit 2008 stehen wir mit der Stadt Kaarst in Verhandlungen, und seit etwa einem Jahr hat die Stadt unsere Pläne für eine Erneuerung des Bahnübergangs vorliegen. Getan hat sich bislang aber noch nichts."

Dazu erklärte Manfred Meuter, Technischer Dezernent der Stadt, auf Nachfrage der WZ: "Das dauert seine Zeit. Bei solchen Erneuerungsmaßnahmen müssen viele Sachverhalte geprüft und Belange berücksichtigt werden." Unter anderem hätte die Verbreiterung der nahegelegenen A57 ein Voranschreiten der Planungen erschwert.

Im Haupt-, Wirtschafts- und Finanzausschuss wurden die Pläne Anfang Juni eingebracht. "Da es sich aber um viel Geld handelt, haben die Fraktionen die Entscheidung vertagt", berichtet Meuter. Insgesamt würde die Erneuerung des Bahnübergangs knapp 750000Euro kosten. Rund 91000 Euro davon hätte die Stadt zu finanzieren. In der Sitzung des Ausschusses am 1.Juli soll das Thema wieder aufgegriffen werden: "Vielleicht beginnen die Arbeiten sogar noch 2010."