Kaarst: Heinz Drößler und sein Paradies

Der 97-jährige Lebemann Heinz Drößler hat sich auf städtischem Grund einen Garten eingerichtet.

Kaarst. Die meisten Bewohner des Johanniter-Stifts bleiben lieber noch im Bett. Doch Heinz Drößler treibt es hinaus. Ins "El Paradiso", wie er es nennt. Schon um 6 Uhr morgens steht der älteste Hobbygärtner von Kaarst in seinem Beet und gießt Blumen.

Danach schnappt er sich einen Stuhl, um in der einzigartigen Botanik zu entspannen. Zwischen Bartnelken, Dahlien, Margeriten, Zynien, Löwenmäulchen, Flox und Salvien beobachtet der 97-Jährige die Natur.

"Es gibt kaum noch Schmetterlinge", erkennt er. Aber das ist alles nicht so schlimm, solange am Maschendrahtzaun Wicken in die Höhe ranken, Bidens im Blumenkasten gedeiht und Schnittlauch, Basilikum und Dill aus der Kräuterecke sprießen. Über 30 Pflanzenarten hat der Senior neben dem Stiftsgelände hoch gezogen.

Gefragt, ob er das darf, hat er nicht. Als Mann der Tat begann Drößler einfach damit. Schließlich hat er das schon immer gemacht. "Zwölf Gärten habe ich in meinem Leben angelegt", sagt er. Jüngst brachte ein russischer Ein-Euro-Jobber einen Tomatenstrauch mit. "Der wollte bei ihm einfach nicht wachsen", berichtet Drößler.

In seinem Garten reicht die Staude jetzt fast schon bis an die Decke der Überdachung. Und das, obwohl der Hagel Ende Mai nahezu jede Frucht vom Stängel geschossen hatte. Nun sind wieder grüne Mini-Bällchen zu erkennen. "Die Natur hilft sich selbst, ich helfe ein bisschen nach", sagt der erfahrene Grünpfleger.

"Er hat einfach ein Händchen für die Gärtnerei", sagt Stift-Leiterin Rosel Band. Doch das ist nicht das einzige, was ihr an ihrem Bewohner gefällt: "Mit seiner positiven Lebenseinstellung baut er hier viele Leute wieder auf. Er ist unglaublich aktiv", lobt sie.

Als Mitglied des Heimbeirates möchte der ehemalige Zahnarzt sogar an den Fortbildungen der Stiftsmitarbeiter teilnehmen. Drößler: "Ich will doch wissen, was die hier lernen." Darüber hinaus kloppt er gern einen Skat und schäkert mit den Damen. Gerüchten zufolge macht der gebürtige Leipziger sogar noch Heiratsanträge.

Die Lebensfreude kommt an. Auch bei dem Ein-Euro-Jobber, der ihm gern bei den Gartenarbeiten zur Hand geht. Und mit ihm russisch spricht. Das hat Drößler im Krieg gelernt.

Fast hätten neidische Nachbarn dem vielseitigen Herrn sein knapp 100 Quadratmeter großes Refugium streitig gemacht. Sie fotografierten das wild angelegte Terrain, verpfiffen Drößler bei der Stadt. "Aber die Stadt duldet seinen Garten", sagt Band. "Immerhin hat er Gestrüpp-Gelände kultiviert, was ihm obendrein sichtlichen Spaß macht und auch Kraft gibt. Er ist ein Vorbild", meint Band.

Vielleicht hat sich die Verwaltung aber auch nur daran erinnert, dass Heinz Drößler anlässlich seines 95. Geburtstages Stadtkämmerer Heinz-Dieter Vogt zum Ritter schlug: "Die Landesmittel fließen nicht mehr so wie früher. Sie sind von nun an Landvogt von Kaarst Baron von Rotstift", sagte der weise Oldie damals.

Dass er seinen Garten bis zu seinem Lebensende behalten wird, davon ist Drößler überzeugt. Andere übrigens auch: Für sein Mini-Gartenhaus spendete ihm der Soziale Dienst das Holzschild mit der Aufschrift "Onkel Heinzens Hütte".

"Onkel Heinz" fühlt sich indes pudelwohl und bedankt sich beim Johanniter-Stift mit dem - wen wundert’s - selbstverfassten Gedicht "Gedanken zur Nacht". Darin heißt es: "Selbst mit den üblichen Beschwerden möchte ich hier älter werden."