Neuss: Eine neue Debatte um die 709
Am Samstag beginnt eine Unterschriftensammlung, um den Rat zu einer erneuten Diskussion um die Linie 709 zu zwingen. Bürgermeister Napp hingegen warnt vor den Folgen, wenn der Ratsbeschluss von 2007 gekippt würde.
Neuss. Ein weiteres Kapitel in der schier unendlichen Geschichte um die Streckenführung der Linie 709: Heute beginnt eine Unterschriftensammlung mit dem Ziel, den Rat zu einer erneuten Diskussion über das Thema zu zwingen. Das Mittel dazu ist der Einwohnerantrag.
Kommen in einer kreisangehörigen Stadt 4.000 Unterschriften zusammen, muss der Rat das angesprochene Thema nochmals auf die Tagesordnung setzen. Genau das möchten die Initiatoren um Ronald Reuß, Frederik Ramm und Franz Josef Badort erreichen.
Gut ein Jahr ist seit dem Ratsbürgerentscheid vergangen, bei dem das Quorum nicht erreicht wurde, sich aber eine klare Mehrheit der Neusser für den Erhalt der Bahn ausgesprochen hatte. Knapp ein Jahr seit dem Ratsbeschluss, der dieses Votum bekräftigte. Nun starten die Straßenbahngegner einen wohl letzten Versuch gegen die ungeliebte 709.
Brisant sind vor diesem Hintergrund die Erläuterungen aus der Kanzlei Aretz, Jansen, Treppner. Rechtsanwalt Markus Jansen kommt zu dem Schluss, dass der einstimmig gefasste Ratsbeschluss vom Februar 2007, einen Ratsbürgerentscheid über die Frage "Straßenbahn ja oder nein" durchzuführen, unzulässig war. Der Rat, so Jansen, durfte in der Frage gar nicht entscheiden, sei für die Linienführung von Straßenbahnen weder verantwortlich noch zuständig.
Formell gesehen sei das richtig, erklärt Bürgermeister Herbert Napp, liege doch die Verantwortung letztendlich bei den Stadtwerken. Dennoch sei das Ergebnis des Ratsbürgerentscheids zur Grundlage für den Ratsbeschluss geworden, der den Verbleib der Bahn feststellte. Das wiederum sei von den Stadtwerken klar als Wunsch des Gesellschafters zu deuten gewesen.
Kommt nun über den Einwohnerantrag das Thema wieder auf die Tagesordnung, warnt der Bürgermeister vor einem Ratsbeschluss, der das alte Ergebnis kippen würde: Mit einem solchen Beschluss müsste der Stadtrat die (aus Stadtverordneten bestehende) Gesellschafterversammlung beauftragen, den Stadtwerken die Herausnahme anzuweisen.
Das aber, so Napp, dürfe die Gesellschafterversammlung gar nicht, sei sie doch dem Wohl des Unternehmens Swn verpflichtet. "Ein solcher Beschluss hätte Folgen in Millionenhöhe. Da geht es um Schadenersatz. Da käme der Staatsanwalt."
Ungeachtet dieser möglichen juristischen und finanziellen Folgen ist die Straßenbahndiskussion wieder voll entbrannt. Klar positionierte sich gestern die IHK, die bereits beim Ratsbürgerentscheid für die Herausnahme votiert hatte.
Ohne die Bahn habe die Innenstadt eine "völlig neue Aufenthaltsqualität" bekommen, so Hauptgeschäftsführer Dieter Porschen. Dies stärke die Innenstadt im Konkurrenzkampf mit benachbarten Handelsstandorten, so Porschen mit Blick auch auf das künftige Rheinpark-Einkaufscenter.