Handlungskonzept der Stadt Wie bezahlbarer Wohnraum in Neuss gesichert werden soll

Neuss · Bezahlbarer Wohnraum wird knapper – auch in Neuss. Das erfordert Handeln. Die Stadt präsentierte in der jüngsten Sitzung des Sozialausschusses einen ersten Entwurf für ein Handlungskonzept.

Im Bestand des Neusser Bauvereins sind 16 Prozent aller Mietwohnungen, zum Beispiel 31 Dachgeschosswohnungen in der Römerstraße.

Foto: Bauverein Neuss

Der bundesweite Rückgang des Wohnungsneubaus trifft auch die Stadt Neuss. Nach Angaben der Verwaltung befinden sich aktuell gut 210 Wohnungen im Bau – zu wenig für einen ausgeglichenen Wohnungsmarkt. Denn der gutachterlich ermittelte Bedarf in Neuss beläuft sich auf mindestens 1250 öffentlich geförderte und mindestens 1200 preisgedämpfte neue Wohnungen in Neuss bis zum Jahr 2039. Doch eine Besserung der Situation ist mit Blick auf die aktuellen Rahmenbedingungen – Preissteigerungen, Lieferkettenstörungen, gestiegene Kredite – nicht in Sicht. Mithilfe eines umfassenden Handlungskonzeptes soll nun aber auf kommunaler Ebene nachgebessert werden, um bezahlbaren Wohnraum auch zukünftig zu sichern. Die Verwaltung legte dem Sozialausschuss in der jüngsten Sitzung einen ersten Entwurf vor.

Das Handlungskonzept umfasst insgesamt elf Maßnahmen in sechs Handlungsfeldern: Wohnungsneubau, Anreize für geförderten Wohnungsneubau, Eigentumsbildung, Mieterschutz, Beratung und Kommunikation. Ein mögliches Instrument könnte der Flächennutzungsplan sein, indem Bauland bedarfsorientiert aktiviert und entwickelt wird. Hierfür eignen sich laut Entwurf beispielsweise das Stüttger Feld oder die August-Macke-Straße. Doch die wirtschaftliche Betätigung der Stadt im „freien Wohnungsmarkt“ sei begrenzt, wie es im Entwurf heißt. Das unternehmerische Handeln müsse durch den öffentlichen Zweck gerechtfertigt sein und Grundstücke dürften nur dann unter Wert veräußert werden, wenn es zum Beispiel zur Förderung von sozialen Einrichtungen oder des sozialen Wohnungsbaus dient. Grundsätzlich gilt jedoch: Das letzte Wort hat der Rat. Er entscheidet final über die städtebauliche Entwicklung von Flächen in Neuss.

Nachverdichtung in der Innenstadt wird geprüft

Doch auch die Nutzung städtischer Grundstücke und Flächen soll überprüft werden. Im Entwurf werden sechs Grundstücke und Flächen ausgezeichnet, die Platz für circa 200 geförderte Wohnungen bieten würden, darunter die Fläche Am Alten Bach. Gleichzeitig soll analysiert werden, inwiefern eine Nachverdichtung in der Innenstadt möglich ist. Auch die Quote an geförderten Wohnungen soll angepasst werden. Die Verwaltung schlägt vor, die bisherige Regelung – ab 15 Wohneinheiten müssen 35 Prozent geförderter oder preisgedämpfter Wohnraum sein – für die nächsten drei Jahre (bis 2027) anzupassen. Demnach soll die Regelung erst ab 25 Wohneinheiten greifen und – gekoppelt an die Wohnungsanzahl und die Bedürfnisse im Quartier – linear auf bis zu 50 Prozent ansteigen. Das würde laut Entwurf zu einem kleineren Verwaltungsaufwand und einer besseren Durchsetzbarkeit der Quoten führen.

Gleichzeitig werden auch andere Neusser Unternehmen im Handelskonzept bedacht. Zum Beispiel der Neusser Bauverein (NBV). Rund 16 Prozent aller Mietwohnungen (7414 Einheiten) sind in dessen Bestand – weitere 708 Wohnungen befinden sich aktuell in der Planung oder Umsetzung. Damit das so bleibt sollen die Projekte der NBV zukünftig Priorität bei der Flächenentwicklung haben und für städtische Ergänzungsfinanzierungen offen sein. Damit Mieter in ihren bereits bezogenen Wohnungen besser geschützt sind, sollen wiederum die Neusser Stadtwerke hinzugezogen werden. Gemeinsam will die Stadt in den Gremien kommunaler Gesellschaften darauf hinwirken, dass Strom- und Gaspreise weiterhin bezahlbar bleiben.

Darüber hinaus werden eigene Initiativen der Verwaltung angeregt, mit dem Ziel, Bestandsmieter vor steigenden Mieten zu schützen. Ein Mittel könnte die Mieterschutzverordnung des Landes NRW sein, die in Neuss derzeit nicht gilt.

Um den Austausch zwischen Wohnungsmarktakteuren, wie es im Entwurf heißt, und der Politik zu fördern, plant die Verwaltung die Errichtung einer Plattform. Weitere Plattformen mit Infos zum Wohngeld oder Berichten und Gutachten sollen als Wegweiser für Bürger und Investoren dienen.