Kultur soll neu organisiert werden
Eine Möglichkeit könnte sein, einen Eigenbetrieb für Einrichtungen wie VHS und Musikschule zu schaffen.
Neuss. Die Kultureinrichtungen in der Stadt besser miteinander verzahnen: Diese Absicht scheint hinter Überlegungen zu stehen, die derzeit in der Chefetage des Rathauses angestellt werden. Modell steht bei dem Vorhaben, die Institute neu zu strukturieren, das Konstrukt Kulturbetrieb, das vor rund 20 Jahren in Dortmund entwickelt und seitdem von vielen anderen Städten übernommen wurde.
Bürgermeister Reiner Breuer kennt das Modell, bei dem Institute wie Musikschule, VHS, Bücherei oder Stadtarchiv in eine Art Holding überführt und als Eigenbetrieb geführt werden. „Ich will das für die Stadt Neuss auch nicht ausschließen“, sagt Breuer, schiebt aber gleich nach: „Das hat noch keinen Konkretisierungsgrad.“ Denn die Politik kennt seine Pläne noch nicht einmal im Ansatz.
Die Debatte kommt nicht von ungefähr. Angestoßen wurde sie durch eine Altersstrukturanalyse, die in der Verwaltung angestellt und bis in die einzelnen Dezernate heruntergebrochen wurde. Das Ergebnis der Studie, die den Verwaltungsvorstand in jüngster Sitzung beschäftigte, fasst Breuer in einem Satz zusammen: „In den kommenden 15 Jahren geht die Hälfte der Verwaltungsmitarbeiter von Bord.“ Das Kultur- und Schuldezernat macht da keine Ausnahme.
Mit Musikschulleiter Reinhard Knoll geht im November ein Institutsleiter in Rente. Da sei es naheliegend und ständige Übung zu fragen, so Breuer, ob und wie die Stelle gebraucht und besetzt wird.
Von der als „kleine Lösung“ diskutierten Idee, VHS und Musikschule als Nachbarn im Romaneum unter einer Art Geschäftsführer zusammenzufassen, ist Breuer nicht überzeugt. „Im Moment überwiegen meiner Ansicht nach die Nachteile.“ Auf die Analyse der Altersstruktur in einer tendenziell überalterten Verwaltung hat Breuer schon mit Maßnahmen reagiert, die die Stadt im Kampf um die besten Köpfe als Arbeitgeber attraktiv halten sollen. „Wir haben die Ausbildung deutlich verstärkt“, sagt Breuer, der für das kommende Jahr 24 Azubis einstellen will. „Die Stadt bildet auch wieder in Bereichen aus, in denen man verbeamtet werden kann“, fügt er hinzu. Sein Vorgänger Herbert Napp habe das unterbunden, aber mancher Bewerber mache die Wahl des Arbeitgebers davon abhängig.
Wichtiger als eine Debatte über die Organisation kultureller Einrichtungen nennt Breuer gegenwärtig den Blick auf die Kulturschaffenden und die Besucher. „Wir haben viel zu lange über die Jugendstilschenkung diskutiert, dabei hat sich der Blick verschoben“, sagt Breuer. Er sei gerade mit Kulturdezernentin Christiane Zangs darüber im Gespräch, „wie man einen Kulturdialog so gestalten kann, dass es auch einen Ertrag gibt“.
Hartmut Rohmer, kulturpolitischer Sprecher der SPD, kann sich gleichwohl auch eine Strukturdebatte vorstellen. Viele Städte würden derzeit Überlegungen anstellen, wie man den Betrieb straffen kann, sagt er mit Blick nach Düsseldorf, wo derzeit über die Zukunft einiger Museen gesprochen wird. „Ich würde mir aber wünschen, dass dann ehrlicher diskutiert wird als zuletzt“, sagt er mit Blick auf die Debatte um die Jugendstilsammlung. Helga Koenemann (CDU) zeigt sich noch gelassener: „Wir warten ab.“