Machtkampf bei den Neusser Liberalen
Ein Sonderparteitag soll die Frage nach einem Bürgermeisterkandidaten klären.
Neuss. Die Neusser FDP gibt es nicht. Zumindest nicht zurzeit. Zwei Lager bekämpfen und neutralisieren sich. Weil das so ist, steht die Antwort auf die Frage, ob die FDP einen liberalen Kandidaten zur Bürgermeisterwahl aufstellen wird, aus. Auch nach einer fünfstündigen Diskussion gingen die 36 stimmberechtigten Mitglieder nach dem Stadtparteitag am Freitagabend ergebnislos auseinander.
Klarheit soll in der „B-Frage“ nun ein Sonderparteitag bringen. Das erklärte nach Sitzungsende Vorsitzender Michael Fielenbach. Er werde einen entsprechenden Beschluss des Vorstandes vom März umsetzen. Die Neusser FDP erscheint derzeit handlungsunfähig. Hier der unerfahrene Vorsitzende Fielenbach, der von den Alt-Senioren Heinrich Köppen und Achim Rohde gestützt wird. Dort der ehemalige Hoffnungsträger Hermann-Josef Verfürth, dessen Hausmacht die Ex-Chefs Michael Riedl, Miro Pavetic und Rainer-J. Reimann bilden. Obwohl die Gruppe Fielenbach beim Stadtparteitag augenscheinlich eine Zweitdrittelmehrheit besaß, brachte sie die Empfehlung des Vorsitzenden, statt einen FDP-Bewerber zu benennen, lieber den CDU-Bewerber Thomas Nickel zu unterstützen, nicht durch. Sie stellte noch nicht einmal einen Antrag auf Abstimmung. War das ein handwerklicher Fehler oder ein taktischer Schachzug?
Jedenfalls setzten sich bei den Zuwahlen zum Vorstand mit Bernd Kahlbau (Schriftführer), Jana Pavlik und Dirk Aßmuth (beide Beisitzer) drei Kandidaten durch, die dem Fielenbach-Lager zugerechnet werden. Gestern kündigte Fielenbach an, er werde zügig eine Vorstandssitzung einberufen, die den Stadtparteitag analysieren und daraus „ihre Erkenntnisse“ ziehen werde. Als Folge des Stadtparteitages, so Fielenbach, sei es zu einem Parteiaustritt und drei Neuanmeldungen gekommen.
Seine Eindrücke vom Stadtparteitag fasste FDP-Kreischef Bijan Djir-Sarai als Tagungsleiter in seinem Schlusswort knapp zusammen: „Unerträglich!“ Verbale Entgleisungen, Unterstellungen, Rücktrittsforderungen gegen den Vorsitzenden, Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Mitgliedschaft eines Teilnehmers, handwerkliche Fehler bei der Einladung und der Tagesordnung, fehlende Belege für Parteiausgaben, 32 Mitglieder, die 2014 keine Beiträge gezahlt hatten, keine Entlastung für den Schatzmeister — so viel Unprofessionalität ist selten.
„Ein neuer Stadtparteitag, der sauber vorbereitet ist, wäre die Chance zu einem Neuanfang“, sagt ein Teilnehmer, „wie auch immer die B-Frage dann beantwortet würde, die Antwort wäre demokratisch legitimiert und nicht mit den fünf schwärzesten Stunden in der Geschichte der Neusser FDP verbunden.“