Marktanalyse fehlte:„Völlig unklare Gemengelage“

Beschluss zur Fusion der Stadtwerke mit den Krefelder Werken kam im Rat nicht zustande.

Neuss. Chaotisch, lachhaft, unglaublich, hochnotpeinlich: Wer auch am Wochenende über die nicht-öffentliche Ratssitzung berichtete, schüttelte sozusagen immer noch mit dem Kopf. Wie berichtet, kam der Beschluss zur Fusion der Stadtwerke mit den Krefelder Werken trotz vorher feststehender satter Mehrheit durch CDU und Grüne nicht zustande. Die Gründe waren kurios.

Die entscheidende Frage kam von der Linkspartei. Ob es denn für den Bereich Entsorgung, an dem sich die Neusser ja wie auch an der Versorgung mit 25,1 Prozent beteiligen wollen, nicht auch eine Marktanalyse brauche? Schon im Februar hatte es darum bei der "ersten Fusionsphase", in der es nur um die Versorgung ging, eine heftige Diskussion gegeben, die leidlich beendet wurde. Man, sprich die Verwaltung, hätte gewarnt sein können, dass so eine Frage auftaucht. Und die Stadtverordneten durften auf die nicht allzu weit hergeholte Frage eines Fusions-Ablehners eine eindeutige Antwort der Verwaltung erwarten. Doch weit gefehlt.

Zwar betonte Frank Gensler, Kämmerer, Wirtschaftsdezernent und Mit-Geschäftsführer der Stadtwerke, eine Marktanalyse für diesen Bereich sei mit Blick auf die Gemeindeordnung nicht notwendig. Doch Rechtsdezernent Ernst-Horst Goldammer, der zur allgemeinen Überraschung erklärte, er habe sich mit der Angelegenheit nicht befasst, kam nach einer Sitzungsunterbrechung zum gegenteiligen Ergebnis. Die "völlig ungeklärte Gemengelage", so ein Ratsmitglied, war diesem Abend nicht mehr aufzulösen. So zog schließlich der 1. Beigeordnete Peter Söhngen, in Vertretung des noch Rücken-lädierten Bürgermeisters Herbert Napp, Chef der Verwaltung, die Entscheidungsvorlage entnervt zurück. Dass Stadtwerke-Chef Heinz Runde noch auf ein Wibera-Gutachten ("keine Marktanalyse") verwies und es schnell von der Moselstraße holen ließ, ging an vielen Stadtverordneten glatt vorbei. Chaotisch eben.

"Als die Dezernenten Goldammer und Gensler sich widersprachen, war alles zu spät", kommentierte CDU-Fraktionschef Bernd Koenemann die Sitzung, "da war auch den Fraktionsmitgliedern eine Entscheidung einfach nicht mehr zuzumuten." Sein SPD-Kollege Reiner Breuer meinte nur: "Führungsdesaster, Dilettantismus." Wirtschaftsdezernent Frank Gensler schließlich gab sich angesichts der unerwarteten Meinungsvielfalt in der Verwaltungsspitze wortkarg: "Ärgerlich, aber nicht irreparabel."

So bleibt nach dieser denkwürdigen Sitzung festzuhalten: Dass nach einem Jahr der Diskussion und des Streits, aber auch intensiver Vorbereitung eine Beschlussfassung an eine solch simplen Frage scheitert, dass die Verwaltungsspitze sich nicht eindeutig äußern kann, ist tatsächlich peinlich und kann auch in Krefeld nur genau so aufgefasst werden. Ob da nicht doch der Bürgermeister fehlte? Angeblich war er ja sogar im Rathaus, falls es auf seine Stimme angekommen wäre. Angeblich. uda