Neuss: Angst vor Massenhysterie

Umfrage: Neusser Bürger warnen vor Panikmache und fühlen sich zu schlecht informiert.

Neuss. Die Schweinegrippe ist auf dem Vormarsch. Im Rhein-Kreis Neuss haben sich mittlerweile 13 Menschen mit dem Erreger H1N1 angesteckt, teilte das Kreis-Gesundheitsamt am Sonntag mit. Und die Zahlen steigen weiter. Die meisten Patienten aus dem Kreis stammen aus dem Umfeld der Japanischen Schule in Düsseldorf. Am Donnerstag hat die Weltgesundheitsorganisation die Schweinegrippe zur Pandemie erklärt. Damit gilt sie als weltweite Seuche. Ernste Bedrohung oder unbegründete Hysterie? So denken die Bürger in Neuss über die Krankheit.

"Ich lasse mich davon eigentlich nicht beunruhigen", sagt Sandra Reck und fügt an: "Ich habe genügend Desinfektionsmittel zu Hause, und den Betroffenen geht es in den meisten Fällen ja auch den Umständen entsprechend gut." Vorbeugend einen Mundschutz zu tragen, sorge höchstens für Panikmache. Auch die hohe Infektionsrate an der Japanischen Schule in Düsseldorf konnte sie am Samstag nicht davon abhalten, später noch den Japantag zu besuchen.

Eine, die jedoch genau davor regelrecht geflohen ist, ist die Düsseldorferin Helma Schmidt. "Ich bin extra heute nach Neuss gekommen, um mit der ganzen Sache nichts zu tun zu haben." Die Informationspolitik seitens der Ämter hält sie für unzureichend. "Ich bin der Meinung, dass die Gesundheitsbehörden uns in Sicherheit wägen wollen und zu spät handeln." Viel früher sollten mögliche Betroffene untersucht werden, früher in häusliche Quarantäne gehen, so Schmidt.

"Ich will jetzt nicht in Düsseldorf sein, nicht in diesem Getümmel." Immer wieder betont die Frau ihre Besorgnis. "Es besteht ja auch die Gefahr, dass sich die Schweinegrippe mit der normalen Grippe vermischt und ein ganz neuer Erreger entsteht."

Keine Bedrohung, keine Hysterie. Was die Schweinegrippe angeht, bleibt Stefan Evening entspannt. "Wenn das ganze so gefährlich wäre, würde sicher auch der Japantag in Düsseldorf nicht stattfinden." Vermehrtes Händewaschen steht bei ihm und seiner kleinen Tochter aber dennoch auf dem Tagesplan. "Eine Hysterie besteht wegen der Schweinegrippe noch nicht, es könnte aber zu einer kommen", sagt der Neusser Karl Mager. Zwar sind er und seine Frau durch die Schweinegrippe nicht richtig beunruhigt, "doch zu großen Menschenansammlungen möchten wir in diesen Tagen eher nicht gehen", erklärt Helga Mager. "Das Bahnfahren vermeide ich deswegen aber nicht", sagt ihr Mann.

Vanete Santana-Dezmann hat erst vor wenigen Monaten eine kleine Tochter bekommen. Ein bisschen beunruhigt sei sie deshalb wegen der Schweinegrippe schon. In Panik versetzen lässt sich die Neusserin aber nicht - auch wenn sie bald in ihre Heimat São Paulo fliegen wird und mit vielen Reisenden in Kontakt kommen komme. "Ich habe mir extra Desinfektionstücher besorgt, damit ich mir auch während des Flugs die Hände desinfizieren kann." Auch in Brasilien gebe es mittlerweile 22 Erkrankte, sagt sie.

Die Neusserin Anke Walge hinterfragt vor allem die Maßnahmen, die die Verbreitung des Erregers verhindern sollen. "In meinem Kollegenkreis hat es auch einen Krankheitsfall gegeben und es wurde nur die direkte Bezugsperson untersucht, sonst keiner."