Neuss: Der Radsport blickt auf die Stadt
Bei strahlendem Wetter kommen die Radprofis bei der Deutschlandtour vor dem Obertor ins Ziel.
Neuss. Der Hubschrauber über dem Obertor, dicht an dicht die Zuschauer an der Augustinusstraße, zahllose Fotografen, die ARD-LiveÜbertragung auf Großbildleinwand: Neuss, 16.45 Uhr, kurz vor der Zieleinfahrt der Deutschlandtour.
Das Ergebnis wochen-, ja monatelanger Vorarbeit, organisatorischer Kraftanstrengung und immer neuer Abstimmungen ist jetzt auf diese wenigen Minuten reduziert.
Die Profi-Radsportler aus 20 Teams und strahlender Sonnenschein haben Neusser und auswärtige Gäste in Scharen an die lange, gerade Zieleinfahrt gelockt. Während sie noch warten, zeigt die ARD während der Tour-Übertragung Schönes aus Neuss, dazu einen Beitrag über das Anti-Doping-Modell.
Auf dem Parkplatz vor der Stadthalle, der zur Radsportmesse umfunktioniert ist, kommen die unterschiedlichsten Menschen zusammen: Marcel Wüst macht sich auf zum Fernseh-Übertragungswagen, ein Mann verkauft zwischen den Ständen und Buden die Obdachlosen-Zeitung, Herr Quirinus zeigt sich natürlich, Roland Scharping, Chef des Bundes Deutscher Radfahrer, blickt ernst über das Gewimmel.
Alles ist perfekt organisiert. Ist das ein Pluspunkt für Neuss bei der Bewerbung für die Tour de France 2010? Scharping lässt sich nicht zu einer schnellen Antwort hinreißen. "Schwer zu sagen. Aber die Bewertung steht. Und wir unterstützen sie." Immerhin.
Ob Quirinus, der Teufel der Tour de France, Bürgermeister oder die letzten Fans: Alle zieht es jetzt in Richtung Ziel. Eine elfköpfige Spitzengruppe fährt seit langem dem Hauptfeld voran. Schade, entfährt es Peter Rebig, dem Chef der Neuss Marketing, einen Massensprint des Hauptfeldes wird es wohl nicht geben.
Kardinal-Frings-Brücke, Stresemannallee, noch zwei Kilometer. Die Zuschauer jubeln, dann braust die Spitzengruppe durch die Kurve vom Hammfelddamm auf die Augustinusstraße. Die Begleitfahrzeuge sind schon zur Rennbahn abgeleitet.
Mit einer Geschwindigkeit von vielleicht 60 km/h sausen die Fahrer an den Zuschauern vorbei, der Finne Jussi Veikkanen vom Team Columbia reißt die Arme hoch - und stoppt abrupt auf der scheinbar so kurzen Auslaufzone. Kurze Handzeichen, jeder weiß, wie es weitergeht. Das Hauptfeld kommt, noch ein Sprint, und auch dieses sehr viel größere Feld schafft es abzustoppen, ohne dass jemand stürzt.
Die Fahrer verschwinden in Richtung ihrer Hotels. Kleine, schmale, drahtige Männer, denen die Strapazen der Tour nach dieser sechsten Etappe auf dem Weg von Kitzbühel nach Bremen nur vereinzelt anzusehen sind.
Nur die Sieger kommen wenige Minuten nach der Zielankunft auf die Bühne. Das bekannte Ritual. Zwei blonde junge Damen rechts und links der Besten: Tagessieger, Träger des gelben, schwarzen, rot-weißen und weißen Trikots. Sie alle treten vor die Fotografen, lassen sich routiniert küssen, freuen sich, dann gratulieren Bürgermeister Herbert Napp und Tour-Direktor Kai Rapp.
Abgang. Sieger Jussi Veikkanen und Lokalmatador Thomas Fothen gehen zur Pressekonferenz in die Stadthalle. Tour-Direktor Kai Rapp freut sich über "diese radsportbegeisterte Region" und lobt die Organisation.
Da erholen sich die Sportler schon sich in den Hotels in Neuss und Umgebung. Massage, Essen und nochmal Essen, Ruhe, Schlaf. Die Fans feiern am Abend noch auf dem Münsterplatz.
Am Freitag können sie auf dem Markt die Aktiven ein wenig länger erleben. Ab 10.55 Uhr schreiben sich die Fahrer ein - und geben sicher das ein oder andere Autogramm.
Um 11.55 Uhr ist Start am Rathaus, dann geht es eher gemächlich über Büchel und Sebastianusstraße, Drususallee, Kaiser-Friedrich-Straße und Friedrichstraße in Richtung Kardinal-Frings-Brücke. Genau 5,7 Kilometer vom Rathaus entfernt ist um 12.08 Uhr "scharfer Start. Und die Fahrer sind auf dem Weg über 214 Kilometer nach Georgsmarienhütte.