Neuss: Kandidaten im Endspurt

Noch fünf Tage bis zur Bundestagswahl: Sechs Kandidaten kämpfen um Erststimmen.

Neuss. Farbenspiele und TV-Duell, Talk-Show-Schlagabtausch und die Farbe "!Wer mit wem?" Noch fünf Tage, dann ist - wahrscheinlich - klar, in welcher Konstellation künftig das Land regiert wird. Im Wahlkreis NeussI sind mehr als 200.000 Wähler aufgerufen, an dieser Entscheidung mitzuwirken: mit der Zweitstimme, die über die Zusammensetzung des Parlaments entscheidet, und der Erststimme für den Direktkandidaten. Sechs Namen stehen in Neuss zur Wahl

Vor fast genau einem Jahr war der Neusser CDU-Bundestagsabgeordnete bundesweit in den Schlagzeilen. Hermann Gröhe (48) wurde Staatsminister im Bundeskanzleramt, enger Vertrauter von Angela Merkel, ein Mann für die Netzwerkarbeit hinter den Kulissen.

Schon zuvor hatte der Mann aus Neuss in der Bundestagsfraktion an entscheidender Stelle gewirkt: So war er Justiziar der Fraktion und Vorsitzender im BND-Untersuchungsausschuss.

Vor vier Jahren mit 12.000 Stimmen Vorsprung direkt gewählt, tritt der Vorsitzende der Kreis-CDU jetzt wieder an. Unermüdlich wirbt er in seinem Wahlkreis um Stimmen. Doch auch in Nicht-Wahlkampfzeiten hat Größe zum Erstaunen vieler immer Präsenz im Rhein-Kreis gezeigt. "Eine starke Stimme für die Heimat" ist denn auch sein Slogan auf den Plakaten.

Am Montag auf dem Markt in Grevenbroich, am Samstag in Rommerskirchen, Sonntag beim TSV Dormagen: "Das ist Motivation für mich. Politiker müssen einfach vor Ort sein", sagt der Merkel-Vertraute. Wird er Staatsminister bleiben, wenn Angela Merkel Kanzlerin bleibt? Das sei "ein Amt, um das man sich nicht bewirbt", betont Gröhe.

Er sei aber durchaus zuversichtlich, weiter zur Führungsmannschaft in Berlin zu gehören. Er geht zweifellos als Favorit bei den Erststimmen ins Rennen, zudem ist er über Platz13 auf der Landesliste abgesichert: Bei der Bundestagswahl 2005 zog die Liste bis Platz 33. Seine Prognose für den Wahlabend: "Es reicht für schwarz-gelb. Aber es wird richtig knapp."

Gröhes Gegenkandidat im Wahlkreis NeussI ist Hubert Eßer (50). Der Neueinsteiger in die Politik - er ist erst seit fünf Jahren SPD-Parteimitglied - überraschte bei der Kommunalwahl, als er seinen Wahlkreis (Barbaraviertel) der CDU abnahm. Das gelang SPD-Kandidaten nur in zwei von 39 Fällen.

Nun kämpft der Betriebsratsvorsitzende von FS Karton sowie Gesamtbetriebsratsvorsitzender und Arbeitnehmervertreter der börsennotierten Mayr-Melnhof Karton AG um das Bundestagsmandat. Die Landespartei hat das Engagement des aktiven Gewerkschafters nicht belohnt und ihn mit dem Listenplatz 46 weit nach hinten platziert.

Eßer kämpft umso hartnäckiger. Er betont die Nähe zu den Menschen im Blaumann, den Klassenkämpfer aber mimt er nicht. Stimmen aus der Mitte für seine Partei und sich zu gewinnen: Dafür ist der bodenständige Neusser seit vielen Wochen unterwegs.

Der Grevenbroicher Unternehmensberater Bijan Djir-Sarai (33) geht für die FDP ins Rennen. Seine Partei hat ihn mit dem aussichtsreichen Listenplatz13 ausgestattet; ein Vertrauensbeweis für den Kreisparteichef und Fraktionsvorsitzenden im Kreistag. Der Kreis, so hatte Djir-Sarai es schon vor der Kommunalwahl erklärt, müsse zu einem Innovationsstandort für Umwelttechnologie werden, ökonomischer Fortschritt und ökologische Modernisierung müssten generell im Einklang stehen.

Ohne Listenplatz tritt Ingo Kolmorgen (37, Grüne), Justizangestellter am Amtsgericht, an. Der Vorsitzende der Ratsfraktion in Dormagen und einer der beiden Chefs der Kresipartei setzt auf die "drei großen E. erneuerbare Energien, Effizienz, Einsparung".

Für die Linke tritt Felizitas Wennmacher an, für die NPD Reinhold Schäben.