Neuss: Mit Lust und Leidenschaft

Rheinisches Landestheater: Intendantin Bettina Jahnke nach ihrer ersten Spielzeit: Lob fürs Publikum, Freude aufs Kämpfen.

Neuss. Mit Schwung kommt die Intendantin um die Ecke ihres Büroflurs. "Rap", sagt Bettina Jahnke, "also das ist wirklich nicht mein Ding. Schwer! Da muss ich noch üben." Die letzte Spielzeit-Vorstellung im Rheinischen Landestheater ist über die Bühne gegangen, die Proben für Fiesco und die Orestie haben bereits begonnen, und jetzt noch ein Rap? Bettina Jahnke klärt auf. Wenn die vier Landestheater gemeinsam ihre Programme präsentieren, werden die Neusser einen Schnelldurchgang durch die neue Spielzeit in Rap-Form präsentieren; samt Intendantin.

Zum Ende ihrer ersten Spielzeit zeigt sich Bettina Jahnke hochzufrieden. Viel Lob gibt es für das Neusser Publikum. "Die Menschen sind wachsam und offen. Neugierig - sie kommen und bilden sich dann eine Meinung." So hat sie viel Lob erfahren und auch Kritik, was sie freut: "Da weiß ich, wo ich bin." Um ihrem Publikum näher zu kommen, hat sie mit ihrem Ensemble zahlreiche Zusatzveranstaltungen angeboten. Einführungen, Matineen, die Gesprächsreihe "Leben", die Late Night... So viel, bekennt sie, gehe nur in der ersten Spielzeit. "Aber die Anstrengung hat sich gelohnt. Wir haben uns kennengelernt."

Denn eines will sie in jedem Fall vermeiden: Der Elfenbeinturm ist ihr ganz offensichtlich ein Gräuel. In Neuss fühlt sich die Theaterfrau, die vom Staatstheater Cottbus an den Rhein kam, gut angekommen. Sie wohnt in Grefrath, hat schon zwei Mal das Schützenfest erlebt ("da bin ich schon fast Profi") und sieht sich "einfach verstanden."

Unter das Motto "Träume" hat sie ihre erste Spielzeit gestellt, jetzt geht es ans "Kämpfen". Wichtig ist ihr, für und nicht gegen etwas zu kämpfen. Sich nicht zufriedengeben, nichts hinnehmen. Neben der Orestie oder Cabaret hat sie zum Beispiel "Gegen die Wand" im Programm. Dass sie die Rechte von Fatih Akin bekommen hat, macht sie ein wenig stolz.

Kämpfen aber will sie auch für das Theater selbst. Natürlich steht sie hinter der Resolution der NRW-Intendanten, die auf den finanziellen Existenzkampf zahlreicher Theater aufmerksam macht. "Dunkle Wolken" sieht sie auch in Neuss am Himmel aufziehen. Eine neue Spardebatte wie die, die unter Vorgängerin Ulrike Schanko zu spektakulären und schließlich erfolgreichen Gegenaktionen führte, mag sie nicht ausschließen. Ihre Position ist klar. Zu den aktuellen Rahmenbedingungen geht’s - so gerade. "Und drunter geht es eben nicht." Um auf diesem Terrain zu kämpfen, sieht sie vor allem ein Argument. "Ich werde den Politiker sagen: Kommt her und guckt Euch an, was wir tun. Oder fragt das Neusser Publikum."

Auch in ihrer zweiten Spielzeit will sie wieder eine Bandbreite bieten, Populäres und Gewagtes. Und zwar "mit sehr viel Lust, Freude und Leidenschaft", wie sie sagt. Gestern ein letzter Abstecher nach Radevormwald, vielleicht wird sie noch ein wenig den Rap üben, am Freitag aber wird das Haus abgeschlossen. Am 12.August geht es weiter mit den Proben, einen Tag darauf ins Globe. Und ab September heißt es dann: "Kämpfen".