Getöteter Elfjähriger in Neuss Urteil für Sven F. ist rechtskräftig
Neuss. · Der BGH hat die Revision der Verteidigerin des Neussers verworfen. Juristisch ist somit klar: F. hat seinen Neffen getötet.
Das Urteil des Düsseldorfer Landgerichts liegt bereits rund zehn Monate zurück. Wegen schwerer Körperverletzung mit Todesfolge war der Neusser Sven F. am 11. September 2018 zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Die Verteidigung legte Revision ein – diese ist jetzt vom Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe geprüft und als unbegründet verworfen worden. Das bestätigte eine Sprecherin des BGH. Insgesamt fünf Richter hätten die Entscheidung gefällt. Das Urteil ist somit rechtskräftig.
Die Richter sehen es als erwiesen an, dass Sven F. seinen Neffen Jörg (11), der zu diesem Zeitpunkt bei ihm wohnte, am 5. Oktober 2017 so hart schlug, dass der Junge in die Badewanne fiel. Daraufhin soll Sven F. das Zimmer verlassen haben. Als er später bemerkte, dass sich der Junge nicht mehr regt, soll er den Elfjährigen zwei Minuten lang mit brühend heißem Wasser übergossen haben. Das Kind erlitt eine Hirnschwellung und starb nach zwölf Tagen in der Düsseldorfer Uniklinik.
Die Verteidigerin hatte für
Sven F. auf Freispruch plädiert
Aufgrund der massiven Misshandlungen hatte Staatsanwalt Martin Stücker 15 Jahre Haft gefordert. Die Verteidigung, die Neusser Rechtsanwältin Dagmar Loosen, hatte dagegen auf Freispruch plädiert, weil „deutlich mehr für die Ehefrau als Täterin“ spreche. Die Lebensgefährtin hatte im Verlauf des Prozesses – nachdem Sven F. sein anfängliches Geständnis widerrufen hatte – angegeben, Jörg im Badezimmer geschlagen zu haben. Warum er gestorben sei, könne sie sich allerdings nicht erklären.
Da der Staatsanwalt diese Version als reine Schutzbehauptung gegenüber Sven F. ansieht, hat er ein Ermittlungsverfahren gegen die Neusserin eingeleitet, was aktuell noch läuft, wie Stücker am Mittwoch mitteilte. Auch ein zweites Ermittlungsverfahren wegen Falschaussage habe er eingeleitet. Und zwar gegen einen Bruder von Sven F. Dieser erzählte im Prozess nämlich eine Geschichte, die der Staatsanwalt im Gerichtssaal als „Blödsinn“ bezeichnete.
Der Bruder will Chat-Nachrichten der Ehefrau F.’s gelesen haben
Zusammengefasst: Durch die Scheibe einer Bushaltestelle will der Bruder des Verurteilten einen Chat auf dem Handy der Ehefrau von Sven F. mitgelesen haben. „Ich gehe doch nicht freiwillig in den Knast“, habe er durch das verdunkelte Glas entziffern können. Mit wem die Ehefrau getextet hat, sei für ihn aber nicht zu erkennen gewesen.
Loosen ist nach wie vor von der Unschuld ihres Mandanten überzeugt: „Es war ein schwieriges Verfahren, aber die Täterschaft von Sven F. ist mehr als fraglich. Ich gehe davon, dass der Falsche inhaftiert ist“, so die Anwältin. Diese Meinung teilt auch die Schwester des Verurteilten, Natascha F. – Mutter des getöteten Kindes. Die Familie stimmte sogar zu, dass Sven F. an der Beerdigung seines Vaters in Neuss teilnimmt. Zur Trauerfeier erschien er mit Fußfesseln, Handschellen und begleitet von zwei Justizbeamten. „Wir wollten, dass er unserem Vater den letzten Gruß erweisen kann“, so Natascha F. Auch das Grab von Jörg habe Sven F. im Rahmen der Beisetzung besucht. „Er hat geweint“, sagt Natascha F.