Entscheidung in der Stadthalle Neuss Zog-Zog! Freie Bahn fürs Schützenfest

Neuss · Die Vorfreude auf das Neusser Bürgerschützenfest im Jubiläumsjahr 2023 war in der Stadthalle zu spüren. Erwartungsgemäß wurde auf die Kardinalfrage mit Zog-Zog beantwortet. Nur einer gab sich überrascht.

Reiner Breuer, Regimentsoberst Bernd Herten und Schützenpräsident Martin Flecken in der Stadthalle. „Völlig unerwartet“, so scherzte der Bürgermeister, kam für ihn die Entscheidung, das Schützenfest zu feiern.

Foto: Andreas Woitschützke

Ob irgendjemand geglaubt hat, dass im Jubiläumsjahr des Bürgerschützenvereins auf der „Zog-Zog-Versammlung“ jemand dieses „Zog-Zog“ nicht aussprechen würde? Falls doch, hätte er sich geirrt. Denn natürlich lag die Vorfreude auf das große Fest am Samstagabend in der Neusser Stadthalle in der Luft, man konnte sie förmlich spüren.

König Marc Hillen hatte sich unter das Volk gemischt und freute sich: „Ich bin erleichtert, dass alle zugestimmt haben. Er hatte seine Ehefrau und Königin Jutta sofort per SMS informiert. Der 53-Jährige hatte sich im vergangenen Jahr gegen drei Mitbewerber durchgesetzt. Für ihn ist es eine ganz besondere Ehre, im Jubiläumsjahr König der Neusser zu sein.

Dunkle Stoffe, weiße Hemden, überwiegend rotgemusterte Krawatten, dazu die üppigen Holzverkleidungen der Stadthalle als ungewollte Reminiszenz an die frühen 1960er Jahre, das alles wirkte schon sehr gediegen. Und Schützenpräsident Martin Flecken geizte passend dazu nicht mit Pathos. „Dies dürfte die hundertsechzigste Bürgerversammlung sein“, erklärte der Präsident. Und er gab zu verstehen, dass das Schützenfest in den zurückliegenden 200 Jahren 25 Mal ausgefallen ist. Er machte auf folgendes aufmerksam: „Vielleicht ist der heutige Abend historisch, vielleicht begrüßen wir im kommenden Jahr nicht nur die Bürgersöhne, sondern erstmals auch die Bürgertöchter.“ Der Hintergrund ist eine mögliche Satzungsänderung, nach der Frauen der Status einer passiven Mitgliedschaft zugesprochen bekommen könnten.

Flecken erklärte, dass „die Schützenkinder nicht mit dem Bade ausgeschüttet werden“. Zwischendurch wurde das Neusser Heimatlied gesungen, wer nicht ganz textsicher war, konnte zu einen Liedheft greifen. „Schöner kann‘s woanders auch nicht sein“, wurde da aus vollen Kehlen gesungen. 23 wichtige Personen saßen da nebeneinander, Flecken begrüßte die meisten von ihnen. Der „liebe Reiner“ war das, aber auch die Stellvertreterinnen und Stellvertreter des Bürgermeisters, Susanne Benary, Jörg Geerlings und Gisela Hohlmann. Thomas Nickel wurde als Ehrenmitglied und Vorsitzender der Satzungskommission begrüßt, Herbert Geyr mit seinen immerhin 71 Jahren als jüngstes Ehrenmitglied.

Die Zog-Zog-Rede hielt Markus Longerich von den „Blaue Blömkes“ – er ist zugleich Kronprinz in Grefrath. Der Kronprinz ist zudem Mitarbeiter der Sparkasse Neuss. Er sorgte mit der Einleitung seiner Rede für Aufmerksamkeit: „Erinnert ihr euch an euer erstes Mal?“ Er meinte natürlich die aktive Teilnahme am Schützenfest. Eigentlich wollte er sich die Rede von der Künstlichen Intelligenz schreiben lassen, aber die brachte den Begriff „Zog-Zog“ mit dem Neusser Karneval in Verbindung. Longerich erinnerte daran, dass fünf Jahre nach der Gründung des Bürgerschützenvereins die Sparkasse Neuss gegründet worden war. Markus Longerich mahnte an, nach den besten Lösungen zu suchen, auch wenn es darum geht, die jungen Leute für das alte Brauchtum zu begeistern. Der Zahlenmensch nannte eine Zahl: „Diesmal werden über 1000 Kinder zum ersten Mal mit dabei sein.“

Bürgermeister Reiner Breuer zeigte sich in seiner Ansprache leicht ironisch: „Ich gratuliere Ihnen und Euch sehr herzlich zu der für mich wieder völlig unerwarteten und mit überraschend breiter Mehrheit getragenen Entscheidung, im Jahr 2023 das traditionsreiche Neusser Bürger-Schützenfest wieder zu feiern.“ Breuer stellte sich zudem vor, was passiert wäre, wenn er im Rat die Zog-Zog-Frage gestellt hätte: „Sonst eher wankelmütige Christdemokraten und etwas kooperationsmüde Sozis, uniformbegeisterte Rest- oder Ex-Grüne, profilierungssüchtige Spaß- und Tierschutz-Linke, fast zur Bedeutungslosigkeit geschrumpfte Mini-Liberale und voneinander Unabhängige sowie ‚Die SpAlternative‘ hätten das sicher mit getragen, wenn, ja wenn es hierfür ein extra Sitzungsgeld gegeben hätte…“