Neusser Chemiebetrieb: „Es stinkt fast jeden Tag“
Bei Silesia ist der Aromastoff Sotolon ausgetreten. Der sorgte für Gestank.
Neuss. Es riecht nach einer Mischung aus Brühwürfeln und Curry. Ein fieser Geruch, der am Dienstag bis nach Köln zog und für Verunsicherung und besorgte Anrufe vor allem bei der Kölner Polizei sorgte. Am Nachmittag dann die Eilmeldung der Kölner Feuerwehr: Ein Unternehmen aus Neuss sei Verursacher des Gestanks.
Beim Geschmacksstoffehersteller Silesia in Allerheiligen soll es um 3.15 Uhr gebrannt haben. Dabei sei der Geruchsstoff Sotolon, der auch in Liebstöckel enthalten ist, ausgetreten. Zur Zeit des Feuers habe Nordwind geherrscht, so dass der Geruch am Morgen vor allem in Dormagen, Köln und Leverkusen zu riechen war.
Anwohner an der Bachstraße, der Firmenadresse von Silesia, empfanden den Geruch als extrem stark, während es in entgegengesetzter Himmelsrichtung kaum roch. „Ich musste heute morgen die Fenster schließen, so sehr hat es gestunken“, sagt Tatjana Hupe (39), die in unmittelbarer Nähe zum Unternehmen wohnt. „Wir sind ja schon einige Gerüche von Silesia gewohnt, aber diesmal war es wirklich unangenehm.“
Auch Christiane Wolff (42), die im Blumenhandel an der Heinrich-Schumacher-Straße arbeitet, wunderte sich über den ungewöhnlich starken Geruch: „Es zog zwar nur kurz hierher, dann hat der Wind gedreht und ich habe nichts mehr gerochen, aber es war schon extrem.“
Anja Baschton (46) hingegen hat die Brühwürfel-Note in der Luft zwar wahrgenommen, aber nicht als „so schlimm“ empfunden: „Ich arbeite seit Jahren im Windschatten von Silesia und es stinkt fast jeden Tag.“
Seit die Firma vor etwa zehn Jahren einen 80 Meter hohen Kamin baute, riecht es in Allerheiligen nur noch selten — dafür öfter in Dormagens Norden.
Am Standort der Firmenzentrale stellt Silesia Flüssigaromen her, die in Gummibärchen, Bonbons und Instantsoßen wie von Maggi verwendet werden. Gerüche nach Himbeeren, Erdbeeren, Apfel oder Knoblauch sind nichts Ungewöhnliches. „Das riecht in der Intensität dann weniger gut. Vor Jahren war es grauenvoll“, sagt Ingo Stolz (65) aus Allerheiligen.
Stolz gilt als großer Silesia-Kritiker. Er rannte in Neuss lange gegen Widerstände an. Nach langem Kampf gab es einen Teilerfolg: Die Firma baute den Schornstein ein.
Das Unternehmen war am Nachmittag für keine Stellungnahme erreichbar, erst am Abend gab es dann eine Pressemitteilung: Im Rahmen eines Destillationsprozesses sei es zum Austritt von Sotolon gekommen. Durch Kontakt des Stoffes mit einer heißen Oberfläche sei eine Verdampfung entstanden. Ein Brand habe jedoch verhindert werden können, so die Geschäftsleitung. Die Firma arbeite aber mit der Feuerwehr zusammen.
Die Polizei in Neuss hat erste Ermittlungen aufgenommen. Eine strafrechtliche Relevanz sei zumindest nicht auszuschließen, sagte ein Sprecher.