Neusser Schützenkönig gibt 1475 Orden aus
Christoph I. (Napp-Saarbourg) wählte die Zahl beim Königsehrenabend mit Bedacht. Sie erinnert daran, wann Neuss belagert wurde.
Neuss. Die Wetter-Vorschau war die meistgenutzte App auf den Smartphones der Schützen am Samstagabend. Doch wie auf Kommando versiegte der Regen, als Oberst Walter Pesch das Neusser Regiment zum Heimgeleit für Schützenkönig Christoph I. (Napp-Saarbourg) aus der Stadthalle führte. 1475 Marschierer hatte der Schützenkönig zuvor mit einem Orden dekoriert. Eine geschichtsmächtige Zahl — gewählt mit Blick auf die Belagerung der Stadt in eben diesem Jahr — an Orden, in dessen Zentrum der Schild des Stadtpatrons St. Quirin prangt. „Egal, wo man als Neusser ist: Der Anblick der neun Kugeln im Schild löst das Fernweh nach der Heimat aus“, erklärte Napp-Saarbourg diese Wahl.
Den vielen Deutungen zum Ursprung dieses Heiligen-Attributes fügte Napp-Saarbourg seine eigene hinzu: Neun Thesen, die das Schützenbrauchtum und seine Ursprünge und damit irgendwie auch die Stadt erklärten. Dass Frauen und Männer gleichberechtigt aber nicht gleich sind — und jeder seine eigene Rolle spielt beim Fest der Heimat. Dass hübsch zu unterscheiden sei zwischen den Schwarz- und den Weißhosen im Regiment.
Christoph Napp-Saarbourg
Dass die Werte „Glaube, Sitte, Heimat“ nicht bruderschaftlich betont, von den Bürgerschützen aber gelebt werden. Dass es immer einen König geben wird — und einen Orden, der, so Napp-Saarbourg, „zu unserem schönen Spiel gehört.“ All das verband der Regent zu einer Liebeserklärung an Neuss und die Neusser, in deren kollektivem Erbgut er zudem ein „Kirmes-Gen“ ausmachte und denen er zurief: „Wir sind Kult.“ Aber Napp-Saarbourg führte sogar den Beweis, dass der Physiker Albert Einstein, Schöpfer der Relativitätstheorie, ein Neusser gewesen sein muss: „An den Kirmestagen verliert die Echtzeit an Bedeutung“.
Für ihn sowieso. Von Schützenpräsident Thomas Nickel als „schützenfestlicher Tausendsassa“ angekündigt, der auch „in den Feszelten der Umgebung zuhause“ sei, war es an Komiteemitglied Martin Flecken, der Versammlung einen König vorzustellen, der doch bekannt sei wie der sprichwörtlich bunte Hund und eine „götterähnliche Allgegenwart“ habe.
Der vor 52 Jahren in Büderich geborene Apotheker, den Flecken sogar als „Fachapotheker für Schützenleiden“ empfahl, ist Oberleutnant des Schützenlustzuges „Dropjänger“, der er 1983 mitgründete und der nun zum ersten Mal einen Schützenkönig stellt. „Ein besonderer Zug“, wie Flecken betonte, denn die Dropjänger stellten nicht nur bereits fünf Korpssieger, sondern veröffentlichen auch CDs mit rheinischen Liedern und geben „alljährlich mit munteren Grüßen einen Pin heraus“ — gestaltet vom Karikaturisten Wilfried Küfen.
An Napp-Saarbourgs Seite regiert Ehefrau Petra Frankenheim-Napp-Saarbourg, mit der der Schützenkönig seit 1994 verheiratet ist. Sie stellte Komitee-Mitglied Michael Schmuck den geladenen Gästen beim Empfang nach dem Umzug als „fröhlichen Menschen mit einer glasklaren Vorstellung von ihrem Leben“ vor.