Bürgermeisterwahlen in NRW 2015 Sieg der CDU schwächt Kaarster Fünfer-Bündnis keineswegs

Ulrike Nienhaus hat die Chance, neue Töne anzuschlagen. Dazu muss sie sich von ihrer eigenen Partei emanzipieren.

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Kaarst. Christian Gaumitz hat es nicht geschafft, die CDU-Herrschaft im Bürgermeisteramt zu beenden. Aber ist er deswegen gescheitert? Bei einer Zustimmung von knapp über 45 Prozent kann man das gewiss nicht behaupten. Doch wie geht es nach dem Sieg von Ulrike Nienhaus in Kaarst politisch weiter?

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An den politischen Verhältnissen im Rat hat sich nämlich nichts geändert. Das Fünfer-Bündnis aus SPD, Grüne, FDP, Zentrum und UWG will weitermachen wie bisher. Die CDU stellt zwar den Bürgermeister, aber muss sich dennoch die Mehrheit immer wieder neu besorgen. Ob das klappt, die Chemie zwischen diesen beiden Lagern besser wird, hängt vor allem von der neuen Bürgermeisterin ab. Ulrike Nienhaus ist politisch gewissermaßen ein unbeschriebenes Blatt, hat mit den bisherigen Querelen wenig zu tun gehabt und nun die große Chance, mit diesem Bonus der Unbelasteten neue Töne anzuschlagen.

Dafür muss sie sich allerdings hinter den Kulissen von ihrer eigenen Partei emanzipieren. Von CDU-Chef Lars Christoph zum Beispiel als Strippenzieher und immer wieder als Scharfmacher. Das könnte ihr dann auch zu notwendigen Mehrheiten verhelfen. So muss Nienhaus versuchen, das Eine oder Andere auch mit Hilfe anderer Ratsmitglieder oder gleich mit dem ganzen Fünfer-Bündnis durchzusetzen.

Dieses geht denn auch keineswegs geschwächt aus der Wahl hervor. Das 21-Punkte-Programm war die Grundlage für die Kooperation, die seit einem Jahr erstaunlich reibungslos funktioniert, weil in Christian Gaumitz „ein kluger Kopf und erfahrener Politiker“, wie FDP-Chef Heinrich Thywissen ihn nach der Wahl charakterisiert, an der Spitze steht. Und das soll so bleiben, beteuert er. Was den Grünen-Politiker Stimmen gekostet haben könnte, ist seine jugendliche Erscheinung.

36 Jahre alt ist Gaumitz. Und genau darin liegt auch seine Chance. Wenn er es schafft, das Bündnis weiterhin zielorientiert und sachlich zu führen, hat er in fünf Jahren vielleicht noch bessere Chancen, Bürgermeister zu werden. Selbst wenn Nienhaus sich etabliert und mit dem Amtsbonus rechnen kann — sie wäre dann 64 Jahre alt, Christian Gaumitz 41. Neuss hat mit dem sensationellen Ergebnis für Reiner Breuer gezeigt, was rauskommen kann, wenn zwei Generationen zur Wahl stehen.

Das mag alles Schnee von morgen sein, gleichwohl werden in den nächsten fünf Jahren die Weichen für Kaarst gestellt: Weitermachen wie bisher oder Neues erfinden. Gaumitz und das Fünfer-Bündnis haben da einen ersten großen Schritt getan und gezeigt, was möglich ist: dass sich fünf nicht gerade als kompatibel geltende Parteien und Vereinigungen an Sachthemen orientiert zusammenschließen. Gaumitz kann sich also — bei aller persönlichen Enttäuschung — gelassen zurücklehnen: „Die Herausforderungen haben andere.“