Chance auf dem Neusser Arbeitsmarkt Stadt stellt Langzeitarbeitslose ein
Neuss. · Eine Gesetzesänderung lässt einen sozialen Arbeitsmarkt entstehen. Die Stadt hat 67 zusätzliche Stellen geschaffen.
Bundesweit gelten derzeit rund 800 000 Menschen als langzeitarbeitslos. Sie sind auf Zahlungen der öffentlichen Hand angewiesen und gelten im Behördendeutsch als „sehr arbeitsmarktfern“. Übersetzt heißt das: so gut wie chancenlos. Für 19 Menschen aus diesem Kreis der Leistungsbezieher gilt das nicht mehr. Sie haben einen Job in der Stadtverwaltung gefunden und damit wieder Anschluss an den ersten Arbeitsmarkt. Und es sollen noch mehr werden.
Mittel zum Zweck ist eine Änderung des Sozial-Gesetz-Buches (SGB) II, durch die seit Anfang des Jahres ein sozialer Arbeitsmarkt entstehen kann. Die Stadt sieht sich gefordert, bei dieser Entwicklung eine Vorbildfunktion zu übernehmen, sagt Bürgermeister Reiner Breuer. Aber schon die 19 Stellen zu besetzen, sei ein Kraftakt gewesen.
Das Jobcenter zahlt Lohnkostenzuschüsse
Sozialer Arbeitsmarkt heißt: Der Kreis derer, die dort vermittelt werden, ist auf Hilfeempfänger beschränkt, die über 25 Jahre alt sind und in sechs der vergangenen sieben Jahre „Stütze“ bezogen haben. Um sie wieder in Lohn und Brot zu bringen, zahlt das Jobcenter nennenswerte Lohnkostenzuschüsse und finanziert darüber hinaus ein Training für diese Personen, damit sie im Arbeitsleben „durchhalten.“ Die Hoffnung dahinter: Wenn die Förderung nach fünf Jahren ausläuft, werden die ehemals Langzeitarbeitslosen übernommen. Genau das hat Holger Lachmann, der für Personalfragen zuständige Beigeordnete, vor. „Ich bin zuversichtlich, dass wir das im Rahmen von Fluktuation und Personalbewirtschaftung hinbekommen.“
Im Rhein-Kreis sind derzeit 135 Stellen besetzt, davon 19 im Neusser Rathaus, berichtet Lena Hörsken vom Jobcenter. Alles sind zusätzliche Stellen, weil das Programm „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ zu keiner Verdrängung anderer Beschäftigter führen darf. Offen sind nach Hörskens Angaben alleine in der Stadt aktuell 118 dieser Stellen, davon 48 in der Stadtverwaltung.
Diese sind nach Lachmanns Angaben nicht „unendlich komplex“, vielmehr handelt es sich meist um Helfertätigkeiten. Die Auswahl der möglichen Bewerber trifft das Jobcenter, trotzdem mussten zur Besetzung der ersten 19 Stellen 75 Vorstellungsgespräche geführt werden. Die Relation zeige, so Lachmann: „Wir müssen genau schauen, ob diese Kollegen passen und uns unterstützen können.“ Oft hilft auch das nicht. Zwei Kündigungen mussten schon wieder ausgesprochen werden, sonst wären bereits 21 Stellen besetzt. Und in zwei Fällen kam ein Job im öffentlichen Dienst nicht zustande, weil Eintragungen im polizeilichen Führungszeugnis das nicht erlaubten.
Ziel bleibe aber, alle offenen Eingliederungsstellen zu besetzen und neue zu schaffen. Dafür spricht nicht zuletzt, dass darüber Mitarbeiter rekrutiert aber auch die Stadt von Sozialkosten entlastet werden.