Sozialeverband tagt in Neuss VdK stemmt sich gegen soziale Schieflagen
Neuss · Der Sozialverband VdK NRW widmet sich auf seinem Landesverbandstag den Herausforderungen des demografischen Wandels und der Pflege. Trotz bereits vorhandener vorbildlicher Konzepte im Rhein-Kreis Neuss sieht der Verband noch erheblichen Handlungsbedarf.
Bis 2030 soll der Anteil der Menschen, die 67 Jahre und älter sind, um knapp zehn Prozent steigen. Auch die Zahl der Pflegebedürftigen wird laut Statistischem Landesamt bis 2050 um 36 Prozent zunehmen. Diesem Thema will sich auch der Sozialverband VdK NRW auf seinem dreitägigen Landesverbandstag in Neuss widmen, der am Dienstag beginnt. Denn obwohl es im Rhein-Kreis Neuss bereits viele Konzepte mit Vorbild-Charakter gebe, bestehen dem Landesvorsitzende Horst Vöge zufolge dennoch Mängel: „Die Barrierefreiheit ist noch ausbaufähig.“ Was er positiv bewertet: Der Rhein-Kreis Neuss bietet mit der Pflegefinder-App und einem in Kürze startenden digitalen Sozialnavigator hilfesuchenden Bürgerinnen und Bürgern niedrigschwellige Angebote und Problemlagen.
Vöge zeigte sich in Bezug auf die Entwicklung der Mitgliederzahlen optimistisch: „In Nordrhein-Westfalen sind es derzeit 410.000, wir werden mittelfristig die Zahl von 500.000 erreichen. Die Zahl der Mitglieder auf Landesebene ist in den vergangenen zehn Jahren um fast 50 Prozent gestiegen. Das Durchschnittsalter liegt bei 60 Jahren. Das Durchschnittsalter der mehr als 8800 Mitglieder im Rhein-Kreis Neuss liegt bei rund 62 Jahren. Mehr als die Hälfte der Mitglieder bleiben dem Sozialverband zwischen fünf und 20 Jahre erhalten.
Beim Landesverbandstag soll auch über Anträge diskutiert werden. Am Montag lagen bereits 14 vor. Das Credo der VdK-Funktionäre: „Die Demokratie darf nicht ausgehebelt werden. Das Grundgesetz garantiert den Sozialstaat.“ Das Streben nach noch mehr Mitgliedern sei nur erfolgreich, wenn man die Anliegen ernst nimmt. Vorsitzender Wilfried Breuer, dessen Verband im Rhein-Kreis Neuss rund 9000 Mitglieder in 17 Ortsgruppen hat, mahnte jedoch: „Wir müssen bestrebt sein, die Probleme der Menschen zu lösen. Die Leute müssen die Hilfe bekommen, die sie erwarten.“ Sein größtes Anliegen: mehr Empathie gegenüber den eigenen Mitgliedern. Nicht nur deswegen bezeichnete Vöge die Gruppe im Rhein-Kreis Neuss als einen „Vorzeige-Kreisverband“. Er hob hervor: „Der Rhein-Kreis Neuss hat sich schon sehr früh gegen soziale Schieflagen etwas einfallen lassen.“ Schon vor geraumer Zeit habe man sich auch aktiv gegen Klimaveränderungen positioniert.
Schwerbehinderung und
Kinder sind wichtige Themen
Die Forderungen des VdKs sind breit gefächert: Sie umfassen unter anderem den Rechtsanspruch auf Tages- und Kurzzeitpflege, eine steuerfinanzierte Pflegevollversicherung, die zeitnahe Einführung eines Klimageldes, die Einführung der Kindergrundsicherung. „Die beiden größten thematischen Blöcke sind das Schwerbehindertenrecht und das Rentenrecht“, wie Landesgeschäftsführer Thomas Zander erklärte. Im vergangenen Jahr hatte der Sozialverband auf Landesebene mehr als 22.000 Widerspruchsverfahren und 8300 Klagen eingereicht und war Zander zufolge sehr erfolgreich. Demnach hätten die VdK-Juristinnen und Juristen landesweit fast 43 Millionen Euro an Nachzahlungen und 3,6 Millionen Euro an monatlichen Mehrzahlungen erstritten.
Die Klientel sei gesundheitlich und wirtschaftlich jedoch in keiner guten Verfassung. Zander beklagte, dass es im Rhein-Kreis Neuss noch zu wenig Plätze für die Kurzzeitpflege gebe. „Wir dürfen nicht an einen Punkt kommen, an dem soziale Belange gegen ökonomische und wirtschaftliche Belange ausgespielt werden“, mahnte Zander. Den „ausufernden Sozialstaat“ wolle der VdK aber nicht.
Auch die Krankenhausreform ist ein Thema, welches den Sozialverband beschäftigt: „Eine flächendeckende fachärztliche Versorgung ist wichtig“, betonte Carsten Ohm, Abteilungsleiter Sozialpolitik beim VdK-Landesverband. In Pflegeeinrichtungen müssten Klimaanlagen zur Verfügung stehen, weil alte Menschen unter der Hitze am meisten leiden.
Zur Abschlussveranstaltung des Großen Landesverbandstags am Donnerstag im Dorint-Kongresshotel zwischen 11 und 13 Uhr wird unter anderem Sozialminister Karl-Josef Laumann erwartet, ebenso wie die Präsidentin des VdK-Sozialverbands Deutschland. Am Dienstag wird der Landesverbandstag geprägt sein von einem umfangreichen Berichtswesen und von den eingegangenen Anträgen.