Zu spät über Millionen-Loch informiert?

Haushalt: 10 Millionen Euro zusätzliches Defizit hat die Stadt zu erwarten. Darüber wurde zu spät informiert, meinen die Grünen. Der Kämmerer widerspricht.

Neuss. Die Grünen kritisieren die Verwaltungsspitze hart - und ziehen Parallelen zu den Ereignissen in Dortmund, wo einen Tag nach der Kommunalwahl die Nachricht von der Existenz eines 100-Millionen-Euro-Defizits öffentlich wurde. In Neuss hatte Stadtkämmerer Frank Gensler im Finanzausschuss vom 8.September erläutert, dass ein Defizit von 30 Millionen Euro zu erwarten sei. In der Drucksache für die Sitzung, dem Bericht für das 2.Quartal 2009, war von gut 20 Millionen die Rede. Im Haushalt selbst sind 7 Millionen Euro Defizit veranschlagt.

Hätte der Rat über das zu erwartende Haushaltsdefizit früher informiert werden müssen? Wussten der Kämmerer und der Bürgermeister schon seit Ende Juli 2009, was der Stadt droht? "Die Antwort auf beide Fragen lautet eindeutig ja", sagt der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Michael Klinkicht (Foto): "Eine frühzeitige Unterrichtung wäre Pflicht gewesen. Dabei wiegt man uns vor der Kommunalwahl noch in Sicherheit, dass die Gewerbesteuerausfälle bei uns nicht so drastisch seien wie in anderen Städten." Klinkicht weist noch auf einen anderen Punkt der "Informationspolitik" hin: Die für August terminierte Hauptausschusssitzung war von der Verwaltung abgesetzt worden - mangels Beratungspunkten.

Der finanzpolitische Sprecher der Grünen Burkhard Hinzen sieht Parallelen zu Dortmund und mutmaßt, augenscheinlich sollten Stadtrat und Wähler über die tatsächliche finanzielle Situation im Unklaren gelassen werden. "Wenn in der Ratssitzung am 25.September keine logische Erklärung seitens der Verwaltung erfolgt, muss auch über mögliche Konsequenzen nachgedacht werden."

Völlig anders bewertet Stadtkämmerer Frank Gensler (Foto) die Sache. Er legt Wert auf die korrekte Abfolge der Information. Mit Stichtag 1.Juli wurde der Bericht für das 2.Quartal des Haushaltsjahres für den Ausschuss dargestellt. "Da war von den beiden großen Ausfällen bei der Gewerbesteuer, die das zusätzliche Defizit ausmachen, noch keine Rede." Das wurde in der Kämmerei Anfang August und Anfang September bekannt. Auch der erste Ausfall habe allerdings in der Drucksache nichts zu suchen gehabt: "Das war der Quartalsbericht. Das gehörte da einfach nicht rein."

So habe er im Finanzausschuss mündlich über die zusätzlichen Ausfälle berichtet. Warum nicht im Hauptausschuss? Noch nie, sagt Frank Gensler, sei in diesem Gremium über die Finanzlage berichtet worden. Er rückt auch die Dimensionen zurecht.

Die Rede sei jetzt von einem zusätzlichen Ausfall von etwa 10Millionen Euro. Die würden durch den unerwarteten Überschuss des Jahres 2008 (8Millionen Euro) weitgehend aufgefangen. Die Angriffe jetzt, die auch von der SPD getragen werden, sieht der Kämmerer jedenfalls "als Sturm im Wasserglas und den Versuch eines Entlastungsangriffs für die Genossen in Dortmund."