Kammerkonzert Klavier-Trio Orelon sorgt für großen Hörgenuss in Schwelm
Schwelm · Im Rahmen der Reihe „Best of NRW“ war es für Orelon der zehnte und letzte Auftritt ihrer Tour.
Das Trio Orelon mit Judith Stapf (Violine), Arnau Rovira i Bascompte (Violoncello) und Marco Sanna (Klavier) präsentierte am Freitagabend im Schwelmer Haus Martfeld feinste Kammermusik von Ludwig van Beethoven, Amanda Maier und Astor Piazzolla.
Im Rahmen der Reihe „Best of NRW“ war es für Orelon der zehnte und letzte Auftritt ihrer Tour, die sie durch Nordrhein-Westfalen führte. Leider war das Kammerkonzert in Schwelm so spärlich besucht, dass es im Saal des Haus Martfeld – auch „Schwelms Wohnzimmer“ genannt – vor nur 25 Zuhörern zur „Hausmusik“ wurde.
Das Klavier-Trio zog die Besucher mit Ludwig van Beethovens Variationen über „Ich bin der Schneider Kakadu“ op. 121a gleich in seinen Bann. Selten gespielt und beinahe ein Geheimtipp aus Beethovens Werken beziehen sich die Variationen auf einen um 1800 in Wien bekannten Gassenhauer.
Violine und Violoncello beginnen mit einem zärtlich-melancholischen Zwiegespräch. Marco Sanna lässt eine quirlige Volksweise und lebendig sprudelnde Töne auf dem Klavier erklingen. Die Streicher antworten fröhlich, manchmal leicht ironisch. Starke Akzentuierungen und zarte Piano-Klänge zeugen von Beethovens brillanter Variationskunst und von den famosen Fertigkeiten des Trios Orelon. Der in die Jahre gekommene Ibach-Flügel macht dem Pianisten zarte Anschläge nicht leicht, hohe Töne klirren leider oft metallisch-hell.
Zusammengefunden haben sich Judith Stapf (27), Arnau Rovira i Bascompte (31) und Marco Sanna (35) an den Musikhochschulen in Köln und Berlin. Alle drei hatten Erfahrungen in Kammerensembles gesammelt, dann spielten sie sich als Trio Orelon mit zwei hochkarätigen Preisen innerhalb kurzer Zeit an die Spitze der internationalen Klassikszene. Das 2019 gegründete Trio entnahm seinen Namen der Weltsprache Esperanto, in der „Orelon“ „Ohr“ bedeutet.
Ab 2022 studierte das Trio an der Folkwang Universität der Künste in Essen, inzwischen haben die Musiker ihr Konzertexamen abgeschlossen, wurden mit etlichen weiteren Preisen ausgezeichnet und gastierten bei renommierten Kammerkonzertreihen. Die Werner-Richard-Dr. Carl-Dörken-Stiftung wählte die Musiker für ein Stipendium im Rahmen von „Best of NRW“ aus.
Lang anhaltender
Applaus
Auch mit dem Werk der weniger bekannten Komponistin Amanda Maier (1853-1894) überzeugte das Trio musikalisch. Amanda Maier wuchs in Schweden auf, studierte in Stockholm und Leipzig und heiratete ihren Geigenlehrer Julius Röntgen. Bei Musikabenden im Hause Röntgen wirkten prominente Gäste wie Anton Rubinstein, Joseph Joachim, Edvard Grieg und Johannes Brahms mit.
Amanda Maiers Trio Es-Dur wird durch Orelon zum großen Hörgenuss: Klassisch in der Form, romantisch in vielfältigen Farben, mit Anklängen an die skandinavische Natur begeistert es die Zuhörer. Verspielte Klänge mischen sich mit temperamentvollen Passagen, melancholische Töne gestalten die Musiker wohltuend unsentimental. Der nordisch-kühle Ton des Werks harmoniert mit Wasser, Wind und Wolken in Bildern der aktuellen Ausstellung von Ingo Kühl, die im Haus Martfeld zu sehen sind.
Hauptwerk des Abends ist das Klaviertrio B-Dur op. 97, das „Erzherzog Trio“, das Beethoven 1811 für seinen Freund und Förderer Erzherzog Rudolph von Österreich komponierte. Es klingt gesanglich wie bei Schubert und legt den Schwerpunkt deutlich auf das Klavier. Marco Sanna fliegt mit perlenden Läufen virtuos über die Tasten und zeigt, was kammermusikalisch möglich ist. Leichtfüßig und tänzerisch erklingt das Scherzo. Judith Stapf brilliert in hohen Geigenlagen und gemeinsam mit Arnau Rovira i Bascompte am Cello in dunklen Registern. Pizzicati schaffen ein besonderes Klangbild, im wunderschönen Andante cantabile präsentiert das Trio zarte, fröhlich sprudelnde und innige Facetten. Überraschende Wendungen sorgen für Spannung.
Nach dem lang anhaltenden Applaus des begeisterten Publikums spielt das Trio „Invierno Porteño“, den Winter aus den „Vier Jahreszeiten“ von Astor Piazzolla. Im tanzbaren lateinamerikanischen Gegenstück zu Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ kann das Cello noch einmal richtig schön „singen“, dann lassen Tango und rhythmische Impulse die Kälte und das Grau des Winters vergessen.