Grüne: Medizin-Student klopft noch leise an die Tür zum Bundestag
Janosch Dahmen kandidiert als Neueinsteiger im Wahlkreis 140.
Ennepe-Ruhr-Kreis. Tagsüber Einsätze im Rettungswagen, abends Auftritte in Sachen Politik - so sieht für Janosch Dahmen der Bundestagswahlkampf aus. Der 28-jährige Medizinstudent an der Universität Witten-Herdecke - er absolviert gerade sein Praxisjahr im evangelischen Krankenhaus Witten - hat das Erbe der Grünen-Bundestagsabgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk angetreten.
Die frauen- und rentenpolitische Sprecherin der Fraktion, die den Wahlkreis 140 (Sprockhövel, Wetter, Witten, Herdecke, Hattingen) seit 1984 im Bundestag vertritt, verzichtete früh auf eine erneute Kandidatur.
Anders als seine Vorgängerin, mit der er sich seit 2005 auch den Vorsitz der Kreispartei teilt, ist Dahmen nicht über die Liste abgesichert. Er sieht das aber nicht als "Verheizen" eines Nachwuchspolitikers an. "Als Neueinsteiger ist das doch klar. Aber ich will neue Ideen ins Spiel bringen", sagt Dahmen, der sich seinen Status noch erarbeiten will.
"Dass Dinge nicht immer so bleiben müssen, wie sie sind, habe ich im Bundestagswahlkampf 2002 gesehen", berichtet er über sein Engagement im Team für Christian Ströbele. Der holte damals in Berlin-Kreuzberg das bis dahin erste Direktmandat für die Grünen. Diese Vorschusslorbeeren ließen Dahmen auch bei den EN-Grünen schnell aufsteigen, nachdem er 2004 wegen seines Studiums nach Witten gezogen war.
Aus einer politisch interessierten Familie kommend, die sich in der Anti-Atomkraftbewegung, der Berliner Hausbesetzerszene, aber auch in der Betreuung Drogenabhängiger engagierte, organisierte er schon als Teenager Schülerfahrten nach Gorleben, um dort gegen Atomtransporte und die Lagerungen radioaktive Abfälle zu protestieren. Klar, dass er den Einsatz für den Atomausstieg auf seiner Homepage zu seinen Zielen zählt, neben Grünen-Forderungen wie Mindestlohn und Schaffen neuer Arbeitsplätze in der Umwelttechnik.
Wenn der 28-jährige im weißen Sweater und der roten Rettungsdiensthose Bereitsschaft schiebt und erzählt, wird aber schnell klar, dass er kein politischer Streber ist, sondern Kontakt zur Basis hat. "Feuerwehrleute erzählen mir viel. Ich sehe, wie die Menschen zu Hause leben, und im Krankhaus erfahre ich von den Leuten, was sie krank macht."
Sein besonderes Profil sieht er neben der Bildungspolitik ("ich bin ein Fan von Bildungsgutscheinen") im Gesundheitswesen. "Die Gesundheitsreform hat doch nur dazu geführt, dass die Patienten verwaltet werden und jeder im System, ob Ärzte, Krankenhäuser oder Pflegedienste, versucht, möglichst viel herauszuholen. Da gilt es neue Strukturen zu schaffen."
Das Herdecker Modell von einem Gesundheitstopf, aus dem sich alle Beteiligten nach Absprache über einen Behandlungsplan für einen Patienten speisen, sieht er als vorbildlich an. Dass die Finanzierung insgesamt neu geregelt werden müsse, ist für Janosch Dahmen klar. "Ich bin für die Bürgerversicherung, in die alle einzahlen."
Bei allem Engagement für ein gutes Wahlresultat bleibt der 28-Jährige Realist. "Wenn es noch nicht mit dem Bundestag klappt, mache ich nächstes Jahr mein Staatsexamen. Für den Bundestag muss es ja nicht die letzte Kandidatur gewesen sein."