Hauptstraße: Der Handel verändert sein Gesicht
Viele Traditionsgeschäfte müssen Ketten und Discountern weichen. Doch die Händler sehen auch Perspektiven.
<strong>Niedersprockhövel. Die Hauptstraße verändert sich - das wird einem derzeit schon an ihrem oberen Ende auf den ersten Blick klar, wo das einstige Traditionsgeschäft Juwelier Herrmann mit heruntergelassenen Rolläden grüßt. Weiter straßenabwärts prangt nun der Discounter Mäc-Geiz, wo mal ein Plus-Supermarkt Lebensmittel anbot, auch Ein-Euro-Shop, NKD und Kodi, der selbsternannte "Europameister" der kleinen Preise sind mittlerweile neben diversen Pizza- und Döner-Lokalen vertreten. Ein weiteres Traditionsgeschäft steht nun vor dem Aus: Stephanie Reuters Buchhandlung, als ehemalige Firma Steinbeck ebenfalls jahrzehntelang ein Begriff in Niedersprockhövel. Reuter gibt als Grund für ihr Aufhören in erster Linie private Gründe an: Als alleinerziehende Mutter dreier Kinder sei die Belastung für sie als Selbstständige mit ständigen Zwölf-Stunden-Arbeitstagen einfach zu hoch geworden. Zudem wachse die Konkurrenz durch die großen Handelsketten - zum Beispiel die "Mayersche" in Hattingen. "Vor allem im Weihnachtsgeschäft sind immer mehr Kunden auf die Großen ausgewichen. Die können einfach mehr Titel vorhalten." Am Ende sei ihr das alles zuviel geworden, jetzt freue sie sich auf ihre Familie. Das Ladenlokal werde neu vermietet. "Es gibt viele Anfragen." Selbst wenn nach Auskunft von Reinhard Teich, eingesessenem Hauptstraßen-Einzelhändler und Vorsitzendem der Wirtschaftlichen Interessengemeinschaft Sprockhövel, ein langer Leerstand nicht zu befürchten sei - fraglich ist, ob hier ein selbstständiger Einzelhändler oder letztlich ein weiteres Filialgeschäft einziehen wird. "Die Mieten an der Hauptstraße sind nach wie vor sehr hoch - das können sich immer weniger Selbstständige leisten." Dadurch sei Fluktuation und letztlich eine Ausbreitung der Handels- und Discounter-Ketten vorprogrammiert. Weiteres Problem: Gerade die mobilen Kunden fahren gerne in die großen Shopping-Welten des Ruhrgebiets, ob Ruhrpark oder CentrO. "Hier ist es ruhig geworden - spätestens, seit der Plus-Markt weg ist und die Lebensmittel-Laufkundschaft nicht mehr bis zur Hauptstraße kommt", schildert Goldschmiedin Karin Feldsieper die Auswirkungen aus ihrer Sicht.
Hoffen auf kaufkräftige Familien aus Neubaugebieten
Fahrradhändler Frank Hamacher sieht die Ketten- und Discounter-Konkurrenz ebenfalls kritisch: "Die verkaufen ja alles, was auch die Selbstständigen haben - nur billiger." Sein Rezept: "Man muss mit Service punkten und die Stammkunden pflegen."
Reinhard Teich sieht derweil durchaus Perspektiven für die Hauptstraße: "Durch die Neubaugebiete kommen wieder mehr junge, kaufkräftige Familien nach Niedersprockhövel." Und wenn die Umgehungsstraße endlich gebaut sei, werde auch wieder Parken vor den Läden der Hauptstraße möglich: "Das hat uns die Politik versprochen."
Drei für einen Neben Discountern gibt es auch neue Fachgeschäfte an der Hauptstraße, wie das Beispiel des ehemaligen HL-Supermarktes zeigt. In das jetzt dreigeteilte Ladenlokal zogen neben Textildiscounter NKD eine Spezialist für gediegene Wohnaccessoirs und "Der Buchladen".
Verkleinert hat Heidi vom Hagen ihr Wohn- und Geschenkgeschäft "Pauline". In das frei gewordene zweite Ladenlokal zeiht voraussichtlich zum 5. März das Blumengeschäft I-Tüpfelchen, bis vor wenigen Wochen am Fritz-Lehmhaus-Weg ansässig.