Kartoffeln haben keine Chance

Landwirtschaft: Der milde Winter ließ die Bauern hoffen, doch jetzt verzögert sich wegen des Wintereinbruchs die Aussaat der Getreide.

Sprockhövel. "Im Märzen der Bauer die Rösslein einspannt" - auf die derzeitige Wetterlage im Ennepe-Ruhr-Kreis trifft das alte Volkslied nicht zu. Friedrich Flüs, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbands, bedauert im Gespräch mit der WZ, dass derzeit überwiegend Regen, Schnee und frostige Temperaturen vorherrschen. Dabei hatte das Jahr aus landwirtschaftlicher Sicht recht gut angefangen. "Wir hatten einen milden, fast warmen Winter, das war für das Wintergetreide - Wintergerste und -weizen - sehr gut", sagt Flüs. Die Pflanzen stünden derzeit gut, "nicht so überwachsen wie voriges Jahr". Auch der Raps sei gut durch den Winter gekommen.

Aufgrund der Temperaturen, die in den vergangenen Wochen dauerhaft um den Gefrierpunkt lagen, konnte das Getreide bisher nur angedüngt werden, entweder mit Gülle oder mit Mineral-Dünger. Hinsichtlich des eigentlich aktuell anstehenden Pflanzenschutzes habe man noch nichts unternehmen können. "Da warten wir noch auf wärmeres Wetter", sagt Flüs.

Auch das sogenannte Abschleppen des Grünlands müsse noch nachgeholt werden, sagt er. Bisher sei es schlicht zu feucht für die notwendigen Maßnahmen der Grünlandpflege gewesen: Zunächst werden Unebenheiten im Boden, beispielsweise Maulwurf-Hügel oder Trittschäden von Pferden und Kühen aus dem vergangenen Herbst eingeebnet. "Die Wiese wird ganzflächig glatt gemacht", erklärt Flüs. Das geschehe mit einem sogenannten Schlepper, der beim Fahren gleichzeitig Grassamen streue und mit einer schweren Walze an der Rückseite das Gras anwalze. Diese Prozedur diene dazu, die Grasnarbe wieder fest mit dem Untergrund zu verbinden, damit es ordentlich wächst.

"Wenn das Gras dann handhoch steht, kann das Vieh auf die Weide - aber auch da muss man auf das Wetter achten: Wenn es schneit oder zu sehr regnet, dann ist es noch zu unbeständig, und man lässt die Tiere besser im Stall." Vor ihrer Freiluft-Saison im Grünen bekommen die Kühe eine spezielle Klauenpflege. Ab dem 20.April würden die ersten Tiere auf die Weide gebracht, bis Anfang Mai seien alle draußen.

Bis es soweit ist, steht noch viel Arbeit an: Etwa werden neue Zaunpfähle hergestellt und mit ihnen die Weidezäune repariert. Zudem muss der Raps auf Schädlinge, wie beispielsweise den Rapskäfer, hin beobachtet werden. "Wenn die Temperaturen weiterhin so niedrig sind, dann müssen wir nichts befürchten - ab einer bestimmten Anzahl müssen die Käfer aber mit Insektiziden bekämpft werden." Auch für das Wintergetreide seien Schutzmaßnahmen geplant.

Die ersten Betriebe im Rheinland hätten bereits Frühkartoffeln unter Folie gepflanzt, sagt Flüs. Aber für den EN-Kreis sei es noch zu früh: Normalerweise befassten sich die Sprockhöveler Landwirte zwischen dem 10. und 20.April überhaupt erst mit Kartoffeln. "Dazu muss aber der Boden richtig abgetrocknet sein, erst dann kann man die Kartoffeln einschmieren." Mais komme etwas später in die Erde, bei Bodentemperaturen von etwa acht Grad. Ansonsten bestehe laut Flüs die Gefahr, dass sich zuviel Wildkraut im Boden bilde. "Da verzögert man das Ganze lieber etwas."

Aufgrund des unfreundlichen Wetters verschiebe sich die Saat von Sommergerste und -Hafer auf Anfang April, sagt Flüs. Für gewöhnlich sei es schon Anfang März soweit: "Aber diesmal ist es einfach zu feucht". Insgesamt seien die Landwirte zwei bis drei Wochen in Verzug, sagt Flüs. Das ändere sich, sobald das Wetter umschlägt: "Dann wissen wir gar nicht, wo wir überall gleichzeitig anfangen sollen."