Lernproblemen auf der Spur

Schulberatungsstelle: Künftig sollen zwei weitere Schulpsychologen Eltern, Schüler und Lehrer im Kreis betreuen. Der Bedarf ist gestiegen.

Sprockhövel/Ennepe-Ruhr. Zweitklässler Kevin hat Probleme, in der Schule auf seinem Platz sitzen zu bleiben. Nur wenn die Lehrerin hinter ihm steht, gelingt es ihm, sich auf eine Aufgabe zu konzentrieren. Hinzu kommen Rechtschreibschwierigkeiten, die sich kaum bessern, obwohl die Mutter beteuert, täglich auch zu Hause mit ihm zu arbeiten. Ein fiktiver aber typischer Fall für Schulpsychologe Georg Fehn.

Was kann man machen, um Kevin besser zu fördern? Liegt tatsächlich eine Lernschwäche vor? Arbeiten Eltern und Schule vielleicht nicht optimal zusammen? Das sind die Fragen, mit denen sich Fehn in der Schulberatungsstelle des Kreises beschäftigt. Derzeit ist er mit Sozialarbeiter Hans-Karl Höflich und Verwaltungskraft Susanne Biesenbach dort noch Einzelkämpfer und auschließlich für die 65 Grundschulen im Ennepe-Ruhr-Kreis zuständig, doch ab Herbst sollen zwei weitere Schulpsychologen hinzukommen.

"Das Land will das System Schule stärken", sagt Jürgen Niederheide, Sachgebietsleiter beim Kreisschulamt. Eine der beiden neuen Stellen wird vom Land bezahlt, eine Stelle muss im Gegenzug der Kreis finanzieren. "Der Bedarf ist eindeutig da und er steigt", sagt Niederheide. Lese-Rechtschreib- oder Rechenschwäche etwa habe es zwar schon immer gegeben, aber zunehmend bestehe die Bereitschaft, ganz individuell darauf einzugehen. Dass andererseits private Schülerhilfen Hochkonjunktur haben, sieht er zwigespalten. Eventuell werde da manchmal ein Bedarf künstlich erzeugt.

"Ich würde den Eltern immer erst einmal raten, sich an die Lehrer und dann an uns zu wenden, um herauszufinden, ob und welche Lernhemmnisse vorliegen", sagt Niederheide. Fehn und Höflich sehen ihre Aufgabe auch als Clearingstelle zwischen Schule und Elternhaus. "Einem Externen glaubt man oft eher als dem Lehrer. Da gibt es manchmal den Vorbehalt, die wollen meinem Kind etwas", berichtet Fehn.

In der Beratungsstelle sitzen ihm dann Eltern und Schüler gegenüber. Er kann sich auf "neutralem Boden" ein Bild machen. Es besteht Schweigepflicht. An die Schule darf nur das zurückgemeldet werden, was die Eltern erlauben. "Gibt es vielleicht außerschulische Probleme, auf die Rücksicht genommen werden muss? Eltern wie Lehrern schlägt Fehn Maßnahmen vor. Er wird oft auch von Lehrern zur Unterrichtsbeobachtung eingeladen, wenn Probleme auftauchen.

Überhaupt bildet die Lehrerfortbildung für Fehn und Höflich einen zunehmenden Schwerpunkt der Arbeit. Durch diese Multiplikatoren können sie mehr erreichen, als nur in der Einzelfallberatung. "Grundsätzlich sind die Lehrer hier sehr aufgeschlossen, ihre eigene Arbeit zu reflektieren", betont Georg Fehn.

Die meisten Anrufe gibt es in der Schulberatungsstelle vor und nach den Halbjahrszeugnissen und nach Elternabenden. "Die Eltern melden sich heute früher und wollen auch schnell Ergebnisse haben", hat Fehn beobachtet. Das sei sicher Folge der neuerdings bindenden Empfehlung für die weiterführende Schule. Eine Maßnahme, die Fehn begrüßt. "Die Lehrkräfte kennen das Kind in der Regel vier Jahre und können es gut beurteilen."

In 107 Fällen wurde er 2007 konsultiert. Zwei Drittel der Anfragen kamen von Eltern, ein Drittel von Lehrern. Die personelle Aufstockung ab Herbst soll die Beratungsstelle nun in die Lage versetzen, auch etwas für weiterführende Schulen anzubieten. Fehn: "Die Probleme wachsen sich ja nach der Grundschule nicht aus."