Verkauf: Kirche wird zum Wohnhaus
Die evangelische Gemeinde hat die Kirche im Grünen verkauft. Eine Initiative, die dort gerne einen Kulturtempel eingerichtet hätte, sieht sich überfahren.
<strong>Obersprockhövel. Ganz ruhig im Grünen zu wohnen war für Marion Lüning und ihren Mann Guido immer ein Traum. Dass sie das jetzt in einer Kirche verwirklichen, hat sich so ergeben. Zum 1. September sind sie mit den beiden Kinder und dem kompletten Hausstand aus ihrem Einfamilienhaus in Niedersprockhövel in die ehemalige Kirche im Grünen nach Obersprockhövel gezogen. Im ehemaligen Gottesdienstraum stapeln sich jetzt Kartons und Möbel. "Wir haben uns zunächst im kleinen Küsterhaus eingerichtet", erzählt Sabine Lüning. Für den Umbau des Gottesdienstraums zum Wohnraum läuft noch die Bauvoranfrage.
Die Kirche soll ausschließlich privat genutzt werden
"Wir haben das mit einem befreundeten Architekten durchgesprochen und wollen den Raum in der Mitte teilen, die Seitenfenster etwas verändern und am ehemaligen Altarraum eine Galerie einziehen", beschreibt sie die Pläne. Ob das jetzt ein halbes Jahr dauere oder eineinhalb, da wolle man sich Zeit lassen. "Auf jeden Fall wollen wir die Kirche ausschließlich privat nutzen, eventuell später für unsere Kinder herrichten", sagt sie. Die sind jetzt 18 und 16 Jahre alt. Dass viele Freunde sagen: "Da habt ihr Euch aber auf ein Abenteuer eingelassen", nimmt Sabine Lüning ganz unaufgeregt: "Andere finden das auch toll."Initiative: "Wollten im Sommer ein Kaufangebot machen"
Aufregung hat unterdessen im Presbyterium die Reaktion eines Freundeskreises um den Obersprockhöveler Unternehmer Klaus Kruckenberg ausgelöst, der der Gemeinde und dem Kreiskirchenamt einen zu schnellen Verkauf zu Wohnzwecken vorwirft, ohne noch ein Kaufangebot der Initiative abzuwarten. Die wollte die Kirche in einen Kulturtempel verwandeln und baute dabei auf die Idee dreier Theaterleute, die der Gemeinde zunächst ein Pachtangebot gemacht hatten. "Wir wollten das größer aufziehen, hatten die Sparkasse, Mittelstandsvereinigung, Theaterleute und Parteienvertreter mit im Boot und waren bereit, ein Kaufangebot zu machen", sagt Kruckenberg. So weit kam es aber nicht. "Man hat uns im Sommer signalisiert, dass es zu spät sei, weil man sich schon anders entschieden habe. Ich hatte das Gefühl, es war nicht gewünscht." "Es gab Gespräche mit der Initiative in den Sommerferien", bestätigt Pfarrerin Rosemarie Samtmann. "Aber da haben wir deutlich gemacht, dass die Verträge für eine Wohnnutzung bereits vor dem Abschluss standen", verteidigt sie sich. Dass für die Gemeinde eine zunächst gewünschte Pacht nicht in Frage gekommen sei, dafür wirbt sie um Verständnis. "Es erschien uns unverantwortbar, sich dem Risiko auszusetzen, nach dem Ablauf der Nutzungszeit, erneut nach einer Lösung suchen zu müssen." Die Entscheidung, die Kirche aufzugeben, sei schließlich aus finanzieller Not geschehen. Nur so habe man die Chance gesehen, die gemeindliche Arbeit wie Seelsorge, Jugend- und Seniorenangebote erhalten zu können.Wie stark der Druck auf die Germeinde sei, verdeutliche die Tatsache, dass jetzt auch für das ehemalige Pfarrhaus im Perthes-Ring 19 ein Käufer gesucht werde. Auch das Pfarrhaus neben der Kirche in Obersprockhövel steht noch zum Verkauf.
50 Jahre Die Kirche im Grünen wurde 1956 eingeweiht. Fast genau nach 50 Jahren, am 18. Juni 2006 wurde dort der letzte Gottesdienst gefeiert. Das Presbyterium der für Ober- und Niedersprockhövel zuständigen evangelischen Gemeinde Sprockhövel, hatte entschieden, die Kirche aufzugeben. Mitglieder- und Einnahmerückgänge waren der Hintergrund.
Ausbau Im Sommer wurden Altar, Taufbecken und Bänke ausgebaut. Demnächst sollen die beiden Glocken folgen, darunter die Romanus-Glocke von 1527, die in der Kirche in Niedersprockhövel weiter ihren Dienst tun soll. Der Glockenturm in Obersprockhövel soll stehen bleiben, versichern die Käufer.