Kunstraub in Grevenbroich Unbekannte stehlen vier „Pappelmänner“ an der Erft
Grevenbroich · Unbekannte haben die markanten Skulpturen des 2023 verstorbenen Künstlers Matthias Hintz gestohlen, die erst im August am Erftufer installiert worden waren. Bei Kulturamt, Kunstverein und bei der Tochter des Künstlers ist der Ärger groß. Es ist nicht der erste Fall dieser Art.
Gleich zu Beginn des Jahres erschüttert die Nachricht über einen besonders dreisten Fall des Diebstahls die Kunstszene in Grevenbroich: Zwischen Weihnachten und Neujahr haben Unbekannte vier „Pappelmänner“ gestohlen, die erst vor vier Monaten gegenüber der Stadtbibliothek am Erftufer aufgestellt worden waren. Von den 16 Stelen mit geschnitzten „Köpfen“, die der 2023 gestorbene Künstler Matthias Hintz geschaffen hatte, sind jetzt nur noch zwölf übrig. Aufgefallen ist das Kulturamtsleiter Stefan Pelzer-Florack am 2. Januar, als er auf dem Weg ins Büro war. „Ich dachte sofort: Da stimmt etwas nicht“, sagt er. Pelzer-Florack kennt die Kunst in „seiner“ Stadt. „Wären sie schon vor Weihnachten weg gewesen, wäre mir das aufgefallen.“ Am Freitag hat er Anzeige bei der Polizei erstattet.
Bei den nun gestohlenen Pappelstämmen handelt es sich ausschließlich um solche, die das bestehende Ensemble im August ergänzt hatten – verschwunden sind demnach vier am Rand installierte Werke. Übrig geblieben sind lediglich die Eisenstangen im Boden, an denen sie befestigt waren. Die Stangen wurden am Freitag aus Sicherheitsgründen von Mitarbeitern der Stadtbetriebe entfernt.
Für Stefan Pelzer-Florack handelt es sich um einen Kunstraub. Er glaubt nicht, dass die vier Werke einem Akt des Vandalismus zum Opfer gefallen sind. Darauf deutet am „Tatort“ nichts hin. Weil keine Holzsplitter am Boden zu sehen waren und die „Pappelmänner“ auch nirgendwo in der Umgebung aufgetaucht sind, geht der Kulturamtsleiter davon aus, dass sie vergleichsweise vorsichtig aus der Verankerung gelöst und mitgenommen wurden. Sie müssen abtransportiert worden sein, allein schon wegen ihres doch recht stattlichen Gewichts. „Einfach nur traurig“, sagt Pelzer-Florack: „Für mich sieht das nach einer geplanten Aktion aus.“
Die „Pappelmänner“ haben vor allem einen ideellen Wert. Matthias Hintz hatte die ersten Werke dieser Art 1995 zur Landesgartenschau in Grevenbroich aufgestellt. Auf der damaligen Mäanderinsel waren mehr als 100 der archaisch bearbeiteten Pappelstämme zu sehen, die dort in die Erft stiegen, um bei der gleichzeitig stattfindenden Bundesgartenschau in Cottbus aus der Spree wieder aufzutauchen – eine Aktion, die als ein Zeichen der Verbindung der Braunkohleregionen im Westen und Osten der frisch wiedervereinten Nation gewertet werden durfte. Sie passte außerdem gut zur Vita von Matthias Hintz, der als junger Mann aus der DDR geflüchtet war.
Die Werke, die im August am Erftufer aufgestellt worden waren, hatte der Kunstverein aus dem Nachlass von Hintz erworben – sozusagen in Kooperation mit der Kulturverwaltung. Mit den letzten zwölf „Pappelmännern“ aus dem Atelier des plötzlich verstorbenen Künstlers sollte sein Wirken in der Stadt öffentlich sichtbar bleiben und gewürdigt werden. „Sehr traurig, dass solche Dinge gestohlen werden. Das ist ein Ärgernis“, sagt Hans-Joachim Onkelbach vom Grevenbroicher Kunstverein. Fachbereichsleiterin Eva Struckmeier, ebenfalls aus dem Kulturamt, will Dieben, die die Kunstwerke zu Geld machen wollen, einen Riegel vorschieben: Angedacht ist, die gestohlenen „Pappelmänner“ im „Art Loss Register“ zu listen – so können sie etwa auf Auktionen nicht mehr unter den Hammer kommen.
Der Diebstahl löst auch bei Clara Große Kopfschütteln aus. Sie ist die Tochter von Matthias Hintz. „Stefan Pelzer-Florack hat mich direkt am Donnerstag per Mail informiert. Dass die ,Pappelmänner‘ gestohlen wurden, ist sehr schade. Ich weiß, dass sich mein Papa immer darüber aufgeregt hat, wenn es zu Vandalismus gekommen war.“ Und nun der Diebstahl... „Das ist auch schade, weil wir die Werke nicht ersetzen können“, sagt Clara Große, die sich gemeinsam mit ihrer Schwester um den Nachlass ihres Vaters kümmert. Die zwölf letzten „Pappelmänner“ an die Kunstverein und die Stadt zu übergeben, sei für die Schwestern eine Selbstverständlichkeit gewesen: „Für uns gehörten sie an die Erft, wo sie auch früher schon standen.“
Tatsächlich ist der Standort gegenüber der Stadtbibliothek nicht der erste für die Werke. Nach der Landesgartenschau hatte Hintz weitere „Pappelmänner“ gefertigt, die auf der Apfelwiese aufgestellt wurden. Dort kam es im Laufe der Jahre immer wieder zu Vandalismus. Einmal wurde ein „Pappelmann“ gar angezündet. Letztlich zerfielen die Stelen dort auf natürliche Weise. Heute sind sie nur noch auf der Stadtparkinsel zu sehen.
Der Diebstahl der vier Stelen ist nicht der erste Fall dieser Art in Grevenbroich. Wie sich Stefan Pelzer-Florack erinnert, hatten sich Unbekannte vor gut zehn Jahren an zwei Bronzeskulpturen – an der „Sehenden“ und an der „Sinnenden“ – an der Erft-Galerie gegenüber des Eiscafés zu Schaffen gemacht. Eine Skulptur ist verschwunden, die andere wurde vom Sockel gestoßen.