Beschluss von Union und SPD zum Wahlrecht Meinung: Warum die Wahlrechtsreform wie eine Maus daher kommt

Der Berg kreißte – und gebar eine Maus. Faktisch ist schon seit mehr als vier Jahren klar, dass das Wahlrecht geändert werden muss. Denn unter den veränderten Bedingungen – viel mehr Parteien und viel mehr Überhangmandate der Union – führt es zu einer dramatischen Aufblähung des Bundestages.

Derzeit haben 709 Abgeordnete einen Platz im Bundestag.

Foto: dpa/Ralf Hirschberger

Doch weil sich die Interessen von Union und SPD gegenseitig blockierten, folgte der gemeinsamen Erkenntnis kein gemeinsamer Beschluss. Was jetzt im Koalitionsausschuss vereinbart wurde, ist weniger als ein Kompromiss, es ist eine Ausflucht.

Allenfalls eine geringe Dämpfung des Aufwuchses wird damit bei der nächsten Bundestagswahl 2021 erreicht, aber es könnten immer noch mehr Abgeordnete als die jetzige Rekordzahl von 709 werden. Erst vier Jahre darauf ändert sich durch die vereinbarte Senkung der Zahl der Wahlkreise ein bisschen mehr. Wie tief das gegenseitige Misstrauen ist, zeigt sich darin, dass diese Verkleinerung schon jetzt beschlossen werden soll – bevor womöglich eine andere Koalition regiert. Die allerdings muss die anderen offenen Fragen, von der Senkung des Wahlalters bis zur Gleichstellung von Frauen auf den Wahllisten bearbeiten, denn all das wurde vertagt. Ein Beweis, dass die Groko ihrem alten Anspruch, Großes verändern zu können und zu wollen, an dieser Stelle jedenfalls nicht mehr gerecht wird.

Parteipolitischer Egoismus triumphierte in dieser Debatte über der Stärkung der Demokratie. Ein Konsens wurde gar nicht erst gesucht. Und hier hat sich ganz klar die CSU am destruktivsten hervorgetan, deutlich destruktiver als CDU und SPD, die auch keine Waisenknaben waren. In Bayern mag man jubeln, dass sich das „Mia san mir“ einmal mehr durchgesetzt hat. Das Staatswesen insgesamt ist nicht vorangekommen.