Musik Das Wuppertaler Ensemble Angezupft taucht mit der Veeh-Harfe in die Musik ein

Wuppertal · Ute Rohda probt mit den neun Musikerinnen und Musikern im Freiraum Ronsdorf.

Maria Schneider spielt an der Veeh-Harfe, die eine Notenschablone hat, die unter die Saiten geschoben wird.

Foto: Anna Schwartz

Aus den Türen des Freiraums in Ronsdorf dringt leise Musik. Keine Gitarre, kein Gesang, kein vertrautes Instrument – sondern ein sanftes, zupfendes Spiel. Die Klänge sind weich, schwingend und erinnern an ein perlendes Windspiel. Im Raum selbst liegt eine fast meditative Atmosphäre, während das Ensemble „Angezupft“ unter der Leitung von Urte Rohda probt.

Eine optische Erinnerung an Mischung aus Zither und Harfe

„Und nochmal: Ti-Ti-Ti-Ta-Ta“, ruft Rohda. Was für Außenstehende wie eine Geheimsprache klingt, sind Rhythmussilben, die besonders Anfängern helfen, den Takt zu verinnerlichen. Vor den neun Musikerinnen und Musikern liegen die Veeh-Harfen, eine Art Tischharfe. Ihr flacher Holzkorpus und die parallel gespannten Saiten erinnern optisch an eine Mischung aus Zither und kleiner Harfe. Es gibt Standardmodelle mit 25 Saiten und größere Bassharfen mit 37 Saiten, die eine zusätzliche Oktave bieten.

Besonders charakteristisch ist die Notenschablone, die unter die Saiten geschoben wird. Auf ihr befinden sich Punkte, die von oben bis unten abgezupft werden. Sie macht das Spielen ohne Vorkenntnisse möglich und erleichtert den Zugang zum Instrument. „Manche Menschen wollen gar nicht irgendwo mitspielen, weil sie denken, sie seien zu schlecht“, weiß Kirchenmusikerin Rohda, „dabei braucht man gar keinen jahrelangen Unterricht, sondern kann es viel schneller erlernen.“ So erschuf der Landwirt und Musiker Hermann Veeh das Instrument in den 1980er-Jahren für seinen Sohn mit Down-Syndrom, damit er ohne komplizierte Vorkenntnisse ganz intuitiv musizieren kann. Dieses integrative Konzept lässt sich auf jedes Handicap ausweiten, wodurch jeder eine Chance hat, zu musizieren. Viele halten das für läppisch, weil nur Punkte abgelesen werden müssen, erklärt Rohda, „doch das schult unheimlich das Gedächtnis und das Gehirn. Allein durch die erforderliche Konzentration wird das Gedankenkarussell abgestellt und in die Musik eingetaucht.“ Bei all der Konzentration darf nur nicht zu verkopft gespielt werden, weiß die Musiklehrerin. Sie empfiehlt, eine Verbindung mit dem Instrument aufzubauen, einfach mal zwanglos zu fühlen und zu zupfen. Denn erst wenn das Herz dabei sei, schwingen die Gefühle in der Musik mit.

Ein Mal im Monat lädt Rohda zum kostenfreien Harfen-Café an. Egal ob mit oder ohne Vorerfahrung, mit eigener Harfe oder einfach nur als neugieriger Zuhörer – hier ist jeder willkommen. Dank der gemütlichen Räumlichkeiten, die das Vereinsheim Freiraum gemeinnützig zur Verfügung stellt, ist das möglich. Dabei knüpft das Instrument an die Geschichte des Stadtteils an. Zuvor haben die Bandwirker in Ronsdorf mit Zithern Hausmusik gemacht. Die ähnliche Veeh-Harfe lässt diese Tradition wieder aufleben.

Zurück zur Probe. „Das Lied haben wir jetzt zum ersten Mal gemeinsam geprobt. Das klang toll“, lobt Rohda ihr Ensemble. Zustimmendes Murmeln geht durch die Runde, bevor es an ein anspruchsvolleres Stück geht. Hier und da schleicht sich ein falscher Ton ein, doch das stört niemanden. Im Gegenteil – gerade kleine Unvollkommenheiten verleihen der Musik einen individuellen Charakter. „Wir sind ein Laienorchester, das muss man im Hinterkopf behalten“, hebt die Leiterin hervor, „oft wird ein hoher Anspruch erwartet, wenn man in der Öffentlichkeit spielt. Wir bekommen Anspruch hin, aber mit Bedacht.“ Langsam neigt sich die Probe dem Ende zu. Die irischen Melodien klingen aus, der große Auftritt rückt näher. Und wer den Freiraum verlässt, nimmt den sanften Klang der Harfe noch ein Stück weit mit hinaus.