Stimme ist Instrument des Jahres 2025 Das persönlichste Instrument von allen
<irwordspace style="word-spacing -004218775em;"><irglyphscale style="font-stretch 97%;">Tönisvorst</irglyphscale></irwordspace> · Der Landesmusikrat feiert 2025 das älteste Instrument der Welt: die Stimme. Eine Sängerin und eine Chorleiterin aus Tönisvorst erzählen, was das Singen ihnen bedeutet.
Wenn der April kommt, ist die Zeit da, in der Corinna Jährling große Events und Menschenmassen meidet. In ihrer Tasche hat sie stattdessen stets ihr Notfall-Säckchen dabei. Darin finden sich Pillen für jedes Wehwehchen, Rachenspray und Lutschbonbons. Denn Jährling ist Sängerin, sie verdient mit ihrer Stimme Geld. Auf Events und Hochzeiten macht sie mit ihrer Musik Menschen glücklich – und in den warmen Monaten ist Hochzeitssaison.
„Ich müsste schon meinen Kopf unterm Arm tragen, um einen Ersatz zu holen“, sagt Jährling, die mit ihrem Mann in St. Tönis lebt. „Wenn ich mal krank bin, sage ich das meinen Kunden. Die meisten wollen trotzdem, dass ich komme, denn sie haben sich ja bewusst für mich entschieden.“ Die Stimme sei eben ein sehr persönliches Instrument, jede klinge völlig individuell. „Bei drei Klavieren von verschiedenen Marken ist es nicht so einfach, einen Unterschied herauszuhören. Bei Stimmen geht das sehr gut.“
Jährling, die unter dem Künstlernamen „Cori“ auftritt, wollte schon immer Musicaldarstellerin werden. „Starlight Express“, „Cats“ oder das „Phantom der Oper“, sie konnte alles mitsingen und fieberte mit den Darstellern auf der Bühne mit. Sie nahm Gesangsunterricht, nach dem Medieneventmanagement-Studium lernte sie ihren jetzigen Ehemann kennen.
„Ich hatte schon immer einen guten Zugang zu Menschen“, sagt sie. „Mich macht es einfach glücklich, andere glücklich zu machen.“ Bei ihrer Arbeit gehe es um viel mehr als nur die Stimme. Sie telefoniere vorab immer mit ihren Kunden, denn dass die Chemie stimmt, sei ihr wichtig.
Auch Gabriele Köhler, Chorleiterin des Tönisvorster Ensembles „Klangraum“, legt viel Wert auf das Zwischenmenschliche. Stimme und Seele seien eng miteinander verknüpft. „Für mich ist ein Chor ein Instrument aus vielen Menschen“; sagt Köhler, die während ihres Psychologie-Studiums nebenberuflich eine Kirchenmusik-Ausbildung gemacht hat. „Und die Stimmung der Gruppe ist die Stimmung des Instruments. Wenn es Knatsch gibt, klingt der Chor plötzlich ganz anders.“
Gleichzeitig könne die Stimme auch auf die Stimmung wirken. „Wenn die Musik gut klingt, geht jeder mit einem zufriedenen Gefühl nach Hause“, sagt sie. Singen sei eine Betätigung, bei der Dinge ins Schwingen kommen, auch innerhalb des Körpers. Es werden Terrains berührt, die durchaus auch mit der Psyche zu tun haben.
„Jeder hat eine Stimme“, sagt Köhler. „Ob er sie benutzen kann oder will, ist eine persönliche Entscheidung.“ Beim Chorgesang komme es aber nicht nur auf die Stimme an, sondern auch darauf, wie man hört – sich selbst und die Stimmen untereinander im Zusammenhang. Da gebe es durchaus Unterschiede bei den Generationen. Während viele Ältere es gewohnt sind, ihr Leben lang zu singen, gibt es Jüngere, die das letzte Mal in der Kindertagesstätte gesungen haben. „Die wissen gar nicht, was ihnen da entgeht!“, findet Köhler.
Wenn Menschen auf die Welt kommen, dauert es meist nur wenige Sekunden, bis sie das erste Mal ihre Stimme benutzen. Singen ist Ausdruck von Gefühlen und Gemeinschaft. Der Landesmusikrat Schleswig-Holstein kürt seit 2008 jedes Jahr ein Instrument des Jahres. Auch die Landesmusikräte der meisten anderen Bundesländer, darunter NRW, beteiligen sich an der Initiative. 2025 ist es das älteste Instrument der Welt: die Stimme.
„Die musikalischen Traditionen Nordrhein-Westfalens wären ohne die Stimme nicht denkbar“, betont Robert von Zahn, Generalsekretär des Landesmusikrats NRW. „Von der sakralen Chormusik, die in den Kirchen des Bundeslandes erklingt, bis hin zu den Gesängen der Karnevalsvereine, die Lebensfreude und Humor zum Ausdruck bringen, ist die menschliche Stimme ein unverzichtbares Element des kulturellen Lebens.“
Auch Corinna Jährling kann jedem empfehlen zu singen. „Es ist kein Wunder, dass so viele Menschen es lieben, in Mitsingkonzerte zu gehen oder im Chor zu singen. Singen ist Lebensfreude“, sagt sie.