Im Interview Der Bergische Bundestagsabgeordnete Jürgen Hardt über die Entwicklungen im US-Wahlkampf

Wuppertal · Trump, Harris und die Auswirkungen auf Deutschland

Jürgen Hardt ist außenpolitischer Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag. Er ist Abgeordneter des Bundestagswahlkreises Solingen, Remscheid, Wuppertal II und sitzt seit 2009 im Bundestag.

Foto: Jürgen Hardt

In den USA findet der Präsidentschaftswahlkampf unter veränderten Vorzeichen statt: Nicht Joe Biden, sondern Kamala Harris wird für die Demokraten gegen den Republikaner Donald Trump antreten. Darüber hat die WZ mit Jürgen Hardt, dem außenpolitischen Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion, gesprochen.

Herr Hardt, welche Befürchtungen haben Sie, sollte Donald Trump noch einmal Präsident der USA werden?

Jürgen Hardt: Befürchtungen habe ich gegenüber dem Iran und Russland – nicht gegenüber den USA, unserem wichtigsten Verbündeten außerhalb Europas. Innenpolitisch würde seine Wahl eine weitere Polarisierung bedeuten. Andererseits sehen wir, dass in den letzten Jahren viele Gouverneure gewählt wurden, die es vermieden, zu polarisierend aufzutreten. Es gibt also schon eine Art Gegenbewegung.

Sie skizzieren kein Horrorszenario?

Hardt: Die USA werden auch vier weitere Jahre Trump überstehen. Allerdings würde uns Trump sicher bereits zu Beginn seiner Amtszeit mit konkreten Forderungen herausfordern und wir sind gut beraten, schon jetzt in Deutschland und der EU die richtigen Antworten abzustimmen. Ich hoffe, dass dies hinter verschlossenen Türen auch geschieht.

Sie setzen also auf gute Vorbereitung?

Hardt: Bezüglich unseres Kanzleramtes fürchte ich allerdings, dass man immer noch davon träumt, dass Trump II uns erspart bleibt. Doch gute Antworten auf mögliche Trump-Forderungen etwa in der Wirtschafts-, China- und Sicherheitspolitik brauchen wir. Und sie wären auch eine gute Basis für die Zusammenarbeit mit einer Präsidentin Harris, Erst recht, wenn der US-Kongress mehrheitlich republikanisch werden sollte.

Was würde Trumps Wiederwahl für Deutschland bedeuten?

Hardt: Eine Präsidentschaft Trumps käme zweifelsfrei mit vielen Herausforderungen für Deutschland. Aber diese sind alle im Dialog überwindbar und nicht alle müssen für uns schlecht sein. Wir sind doch selbst nicht perfekt.

Hapert es in Deutschland an einer selbstkritischen Haltung?

Hardt: Der Instinkt der deutschen Politik, jede Forderung ihr gegenüber als Majestätsbeleidigung aufzufassen, der befremdet mich. In seiner ersten Amtszeit hatte Trump mit einigen Dingen recht.

Was genau meinen Sie?

Hardt: Wir hätten zwei Prozent BIP-Verteidigungsausgaben vorsehen sollen und wir hätten uns im Blick auf die China-Strategie enger mit den USA abstimmen müssen. Auch im Blick auf die deutsche Abhängigkeit von russischem Gas hat Trump früh gewarnt. Für die nächste Amtszeit im Weißen Haus müssen wir verhindern, dass eine US-Regierung neue Handelshemmnisse aufbaut. Da ist die Sprache Trumps härter, doch auch bei den Demokraten gibt es Kritiker unserer Haltung.

Der Handel macht Ihnen Sorge?

Hardt: Das ist aus meiner Sicht die größte Gefahr für Deutschland, für unseren Mittelstand, für die Stärke des Westens: Jetzt rächt sich natürlich, dass die Ampel beim Handelsabkommen Mercosur mit südamerikanischen Staaten nicht vorankommt und überhaupt die EU-Handelspolitik noch immer nicht als das wichtigste außen- und wirtschaftspolitische Instrument wahrgenommen wird, das wir selbst in der Hand haben.

Ist Bidens Entschluss richtig, nicht mehr bei der Wahl anzutreten?

Hardt: Ja. Die Zweifel um seinen Gesundheitszustand wurden zu groß und die Möglichkeiten, diese auszuräumen, immer geringer. Seine gute, konstante Amtsführung reichte anscheinend nicht aus, um ihm Wiederwahlchancen zu geben. Deswegen zog er diese Konsequenz und tat es rechtzeitig. Vielleicht wird das im Nachhinein sogar als die Krönung des Lebenswerks dieses Mannes betrachtet werden, der sein Leben immer in den Dienst seines Landes stellte.

Was hat ihn aus Ihrer Sicht zu einem guten Präsidenten gemacht?

Hardt: Biden war immer ein Mann seines Wortes. Unter ihm waren die USA nicht nur ein mächtiger Verbündeter, sondern ein ungemein zuverlässiger. Und ehrlich gesagt zuverlässiger als die Ampel es umgekehrt war. Bidens authentisches Eintreten für Demokratie, Frieden und Sicherheit hat weltweit vielen Menschen viel Gutes gebracht. Wir sprechen immer nur davon, was alles schief läuft, und das ist verständlich. Aber die USA unter Biden haben viele Krisen verhindert. Die internationale Ordnung hat ihr Fortbestehen trotz aller Herausforderungen auch seiner Präsidentschaft zu verdanken.

Glauben Sie, Kamala Harris kann das Rennen machen?

Hardt: Ja, das zeigen die Umfragen ja eindeutig. Aufgrund ihrer wenig sichtbaren Rolle als Vizepräsidentin neigen viele dazu, sie zu unterschätzen. Das blendet aber ihre bisherige Bilderbuchkarriere aus, bei der sie schon viele Male die erste Frau, die erste „Asian American“, die erste „African American“ in ihren Ämtern war.

Sie gilt als eine
hervorragende Juristin.

Hardt: Noch dazu kann sie den vorhandenen Kampagnen-Apparat von Biden einfach weiternutzen – ein nicht zu unterschätzender Vorteil und aufgrund der engen Beziehung der beiden ohne Reibung oder Mitarbeiterwechsel.

Was würden Sie sich von Harris mit Blick auf das transatlantische Verhältnis wünschen?

Hardt: Ziemlich genau das, wofür sie zu stehen scheint: Der transatlantische Instinkt Bidens, aber gepaart mit der Bereitschaft, Zauderern wie dem deutschen Bundeskanzler mehr Druck zu machen. So könnte sie das Werk ihres Vorgängers noch übertreffen.