Ausflug Ehemalige Mitarbeiter der Lufthansa erkundeten Wuppertals Wahrzeichen

Wuppertal · Vom Flugzeug in die Schwebebahn

Auftakt in der Werkstatt an der Vohwinkeler Straße: Die Gemeinschaft ehemaliger Lufthanseaten machte sich bereit für die Fahrt.

Auftakt in der Werkstatt an der Vohwinkeler Straße: Die Gemeinschaft ehemaliger Lufthanseaten machte sich bereit für die Fahrt.

Foto: Taro Kataoka

„Oh, das wackelt ja!“ – „Wofür ist denn der Dampf? – „Und da steigen ja auch normale Fahrgäste ein!“ Während die Wuppertaler ihre Schwebebahn als tägliches Verkehrsmittel nutzen, ist sie für Touristen ein Ereignis. An diesem Wochenende besuchten rund 50 ehemalige Mitarbeiter der Lufthansa die Stadt und erlebten die bis zu 60 Stundenkilometer schnelle und 13 Kilometer lange Attraktion im wahrsten Sinne des Wortes von vorne bis hinten.

Bedächtig taucht über den Köpfen der Besucher ein hellblauer Waggon auf. Langsam begibt er sich an der Endhaltestelle in Vohwinkel in die Kurve, passiert den Innenhof der Werkstatt. Die Lamellen biegen sich im Karussell, bis Waggon Nr. 3 auf der anderen Seite des Bahnhofs seine Position erreicht hat, um neue Fahrgäste aufzunehmen und sich auf den Weg nach Oberbarmen zu machen. Zu ihnen gehören auch die Teilnehmer der Gemeinschaft ehemaliger Lufthanseaten, die ihr Jahrestreffen diesmal rund um Düsseldorf veranstalten.

Wird die Schwebebahn wirklich anderthalb Jahre stillstehen?

Nachdem das Programm am Freitagabend in einer Düsseldorfer Brauerei begann, ist der Samstag für Ausflüge reserviert. Neben der Zeche Zollverein in Essen und dem historischen Kaiserswerth stand auch die Wuppertaler Schwebebahn zur Auswahl, sodass rund 50 pensionierte Mitarbeiter der Fluggesellschaft zunächst in die Schwebebahnwerkstatt an der Vohwinkeler Straße eintauchen.

Nebel wabert hinter den Eisenschienen unter der Decke hervor, Mechaniker in leuchtenden Schutzwesten schicken Wagen Nr. 11 aus der Werkstatt zurück auf die Strecke. Erst gehen die Blicke nach oben, dann die Smartphones.

Jörg Strackbein vom Regionalverein Düsseldorf freut sich, seine Bergische Heimat präsentieren zu können. 40 Jahre war der Wuppertaler bei der Lufthansa als Kundenberater tätig, auch in den Niederlanden, in Kenia, in Japan. Zuletzt leitete er die Abteilung für Verkaufsförderung in Deutschland, bis er 2004 in Pension ging. Gerne hätte er die Gruppe mit dem Kaiserwagen durch die Stadt geschickt, doch der ist seit 2018 bekanntlich außer Betrieb. „Der Kaiserwagen muss komplett saniert werden“, erklärt Thomas Linke, Mobility Manager der WSW Mobil GmbH. Unter anderem steht ein Austausch der Speichenräder an. „Er ist zwar über 100 Jahre alt, wird aber vom TÜV wie ein neues Auto begutachtet. Der prüft jede Schraube.“

Genauso alt ist der Betriebshof in Vohwinkel. Die Wagenhalle muss neu gebaut werden. Etwa 115 Millionen Euro sind dafür vorgesehen. Der Abriss soll aber erst nach der Bundesgartenschau 2031 vorgenommen werden (die WZ berichtete). „Die aktuelle Variante für dieses Vorhaben besteht darin, die Schwebebahn anderthalb Jahre stillzulegen“, sagt Linke. Ein Raunen geht durch die Besuchergruppe, der Thomas Linke im Hof der Werkstatt die Grundlagen der Schwebebahn erläutert.

Was es mit dem Dampf auf sich hat, der durch den Raum schwebt, weiß er ebenfalls zu erhellen: „In früheren Zeiten sind Mitarbeiter auf das Gerüst gestiegen, um die Schienen mit einem Film aus Wasser und Öl einzuschmieren, damit die Bahn nicht so quietscht. Schließlich trifft hier Eisen auf Eisen und wir fahren teilweise an den Schlafzimmern der Wuppertaler vorbei.“ Die Kaiserstraße weiß, wovon er spricht. Mittlerweile werde ein feiner Nebel eingesetzt, der die Befeuchtung übernimmt.

Doch Reden ist Silber, Erleben ist Gold. Jörg Strackbein verteilt die Tickets, die Gruppe teilt sich auf zwei Wagen auf: Soviel Platz ist ja nicht, und wer die komplette Strecke fährt – hin und zurück – möchte wahrlich nicht die ganze Zeit stehen.

Werner Korbacher ist gespannt, als Wagen Nr. 20 anrollt. Korbacher stammt aus Nürnberg und ist Eisenbahnfan. Technische Details interessieren ihn besonders, schließlich war er 40 Jahre lang Flugbetriebstechniker. „Ich habe quasi die Gebrauchsanweisungen für die Flieger verwaltet“, sagt er. Nun bastelt er an der eigenen Modelleisenbahn und durfte auch schon eine Dampfeisenbahn steuern. In der Schwebebahn muss er allerdings im Fahrgastraum Platz nehmen. Er liebt das Traditionelle: „Das darf man nicht aufgeben. Das hat auch viel mit Gefühl zu tun“. Die Lufthansa habe über Jahrzehnte das berühmte Motorflugzeug „Junkers Ju 52“ für Rundflüge betrieben. „Aber jetzt steht es in einem Museumshangar in Paderborn“. So weit wird es mit der Schwebebahn noch nicht kommen. Schon gar nicht in Paderborn.

Ernst Limley sitzt ein paar Reihen weiter hinten. „Ich bin mir sicher, dass mir diese Fahrt ein Leben lang im Kopf haften bleiben wird“, prognostiziert er. Dann geht es los. Vorbei an Fachwerkhäusern mit grünen Fensterläden. Über das Sonnborner Kreuz der A 46, das nun seit 50 Jahren existiert und bei seinem Bau für riesigen Unmut sorgte, weil es einen ganzen Stadtteil zerschnitt. Links die Bären-Apotheke. Rechts das Zoo-Stadion. Erste Fans in rot-blauen Trikots treffen ein: Der WSV bestreitet sein erstes Saison-Heimspiel gegen Rot-Weiß Oberhausen.

Kopfschmerztabletten, Fußball und der berühmte Elefant

Mit einem Blick von außen – abseits der Gewohnheit – gelingt es, die Faszination der Schwebebahn und deren Strecke neu zu entfachen. „Das ist das Gelände des Bayer-Konzerns, hier wurde Aspirin erfunden. Wussten Sie das?“, fragt ein Fahrgast Ernst Limley. „Die sind nach Leverkusen auf die Rheinwiesen gegangen, weil sie hier keinen Platz hatten, sich auszubreiten. Und kennen Sie die Geschichte von dem Elefanten, der in der Wupper gelandet ist? Der hat das damals nur überlebt, weil die Wupper so verschlammt war, deshalb ist der relativ weich gelandet. Tuffi.“

Grüne Fernwärmeleitungen schlängeln sich am Ufer entlang, dann taucht das gläserne Bürogebäude an der Ohligsmühle auf, in der die Westdeutsche Zeitung ihren Sitz hat. Die Schwebebahn wird immer voller. Wenn die Mitglieder der Lufthanseaten keine Namensschilder tragen würden, man könnte sie nicht mehr unterscheiden. Ernst Limley ist fasziniert: „Ich finde es erstaunlich, wie viele Leute hier mitfahren. Es gibt ja nur noch Stehplätze. Das ist nicht nur eine Touristenattraktion, sondern ein normales Verkehrsmittel.“

In Oberbarmen angekommen und an der Haltestelle auf die Rückfahrt wartend, bekräftigt Klaus Walther, Vorsitzender des Dachverbandes, die Substanz des Jahrestreffens: „Die Treffen schaffen eine intensive Bindung zwischen den ehemaligen Arbeitgebern und den Pensionären. Das hat also auch eine soziale Bedeutung.“ Auch wenn die ehemaligen Lufthanseaten nicht mehr im Berufsleben stünden: „Wir beobachten noch genau, was in unserer Branche passiert“. Diese Branche habe sich verändert. Fliegen sei heute keine privilegierte Angelegenheit mehr, aber ein Grundsatz gelte wie in allen Verkehrsbetrieben nach wie vor: „Sicherheit zuerst.“

Die Schwebebahn dreht ihre Runde. „Bitte nicht einsteigen!“, warnt die leuchtende Schrift auf der Anzeigetafel noch. Dann geht es zurück nach Vohwinkel. Vorbei am Hochhaus an der Berliner Straße mit den riesigen Sonnenblumen. Über die Loher Brücke – derzeit eine Baustelle. Gegenüber dem Landgericht bleibt der Blick an der Fassade des Gebäudes Hofkamp 187 hängen, das laut Schriftzug über dem Portal einst eine „Lichtheilstätte“ beherbergte. Eine Fahrt mit der Schwebebahn kann in der Tat erhellend sein. Oder wie es der Slogan eines privaten Fernsehsenders ausdrückt: „Es gibt noch viel zu sehen.“