Wuppertal Flüchtlinge: Die Lage entspannt sich
Fast 4000 Syrer sind inzwischen beim Wuppertaler Job-Center registriert. Dessen Chef Thomas Lenz rechnet damit, dass diese Zahl nur noch langsam steigt.
Wuppertal. Vom Ausnahmezustand der vergangenen Monate sind die Dienststellen des Wuppertaler Jobcenters mittlerweile ein gutes Stück entfernt. Die Arbeit ist zwar immer noch herausfordernd. „Aber die Zahl der Zugänge steigt bei weitem nicht mehr so rasant“, sagt Thomas Lenz. Er ist Geschäftsführer des Jobcenters und hat vor ein paar Monaten aus gutem Grund noch ganz anders gesprochen.
Dank seiner guten Organisation war und ist Wuppertal bei Flüchtlingen ein beliebter Wohnort. Die Behörden funktionieren, die zugewiesenen Wohnungen verdienen diese Bezeichnung auch. Das hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass Syrer, Afghanen, Iraker aus den neuen Bundesländern nach Wuppertal zogen. Das ist seit August nicht mehr möglich. „Die Flüchtlinge bleiben in dem Bundesland, in dem sie ihren Asylantrag gestellt haben“, erklärt Lenz.
Die Folge ist spürbar. Statt 50 und mehr beschäftigt sich Lenz’ Behörde inzwischen nur noch mit 15 bis 20 neuen Fällen pro Woche. Auch diese Zahl wird womöglich noch sinken, wenn NRW Städten künftig Asylanten zuweist. Denn dann besteht die Aussicht, dass Wuppertal nicht berücksichtigt wird. Die Stadt hat ihr Soll erfüllt, übererfüllt sogar.
Derzeit leben 3970 Syrer in Wuppertal. Sie machen mit weitem Abstand die größte Gruppe der Zugewanderten aus. Vor einem Jahr lag ihre Zahl noch bei 1316. Das beschreibt die Aufgabe, vor der auch das Jobcenter steht, sehr gut.
Aber Thomas Lenz ist davor nicht bang. Er sieht in der demografischen Struktur der Flüchtlingsgruppe vielmehr eine Chance für Wuppertal. „Jeder Dritte ist noch keine 15 Jahre alt, weitere 23 Prozent sind noch keine 24“, erklärt der Geschäftsführer. Die Gruppe der 45- bis 60-Jährigen hingegen mache lediglich acht Prozent aus. „Die werden sicher nur sehr schwer zu integrieren sein.“ In den Jungen hingegen sieht Lenz beträchtliches Potenzial für Wuppertal. Zwar müssten sie noch viel lernen und dauere es vermutlich bis zu zehn Jahre, bis sie integriert seien. „Aber dann haben wir gut ausgebildete junge Menschen für das Handwerk in der Region, wir haben Mieter für die Wohnungen in Wuppertal, wir haben zusätzliche Kaufkraft für Wuppertals Einzelhandel.“
Bis dahin fließt allerdings noch viel Wasser die Wupper hinunter und plagt sich die Stadt mit Kosten für Integration und Unterbringung der Menschen auf der Flucht. Diese Aufgabe ist das tägliche Brot von Stadtkämmerer Johannes Slawig (CDU). Und es ist ein steter Kampf mit übergeordneten Stellen. Nachdem die Bundesregierung zuletzt beschlossen hat, den Ländern zwei Milliarden Euro für die Integration von Flüchtlingen zur Verfügung zu stellen, dringt Slawig die NRW-Landesregierung darauf, dass von diesem Geld auch etwas in den Städten ankommt. „Wir brauchen mehr Kindergartenplätze, mehr Schulräume. In unserem Haushaltssicherungsplan ist dafür kein Geld“, sagt Slawig. Umso ärgerlicher ist für ihn und viele Kollegen in anderen Städten, dass das Land auf den Bundesmitteln sitzt.
Ebenso unbefriedigend ist die Verteilung der Kosten für die Unterbringung. „Inzwischen übernehmen Bund und Land etwa zwei Drittel. Aber wir brauchen mehr finanzielle Unterstützung“, fordert der Stadtkämmer. Ein wenig Linderung verspricht Slawig sich von einer Umstellung der Zahlungsmodalitäten des Landes. Aber bis dahin wird es 2017 sein.