VERKEHR Klimaschützer fordert mehr Radwege in Wuppertal

Hermann Ott vom Wuppertal-Institut sieht besonders beim Radverkehr noch Nachholbedarf.

Foto: Andreas Fischer/Uwe Schinkel

Wuppertal. Das Klima ist im Wandel, das macht der zweite Frühling mitten im Herbst gerade spürbar. Um die Auswirkungen der Erderwärmung in Grenzen zu halten, ringen Politiker und Diplomaten bei der Weltklimakonferenz in Paris um eine globale Lösung. Hermann Ott vom Wuppertal-Institut beobachtet die Verhandlungen vor Ort. „In einer größeren Veranstaltung präsentieren wir heute außerdem unsere Arbeit als einer der nichtstaatlichen Akteure im Klimaschutz.“ Diese Ebene sei besonders wichtig, um den Druck auf die Regierungen zu erhöhen.

Denn Hermann Ott wertet es zwar als großen Erfolg, dass die Klimapolitik in den allerhöchsten Rängen angekommen sei und ernst genommen werde, doch mit Staaten wie Saudi Arabien sei maximal eine Verständigung auf den kleinsten gemeinsamen Nenner möglich. „Deshalb haben wir eine Allianz der Vorreiter ins Gespräch gebracht und wollen, gemeinsam mit mehreren Wissenschaftlern, im April konkrete Vorschläge machen, wie so eine Allianz aussehen kann“, berichtet Ott. Er erhofft sich davon eine neue Sogwirkung, die bis in die Kommunen ausstrahlt.

In Wuppertal sieht der Experte noch in einigen Bereichen Nachholbedarf. „Die Stadt Münster hat gerade beschlossen, ihre Investitionen aus fossilen Energiequellen zurückzuziehen. Das könnte Wuppertal auch tun und gleichzeitig über die WSW vermehrt in erneuerbare Energiegewinnung einsteigen.“

Im öffentlichen Nahverkehr sieht Hermann Ott Wuppertal gut aufgestellt, im Wegenetz für Radler und Fußgänger gebe es dagegen große Defizite. „Beim Umbau des Döppersberges ist weder ein Radweg noch eine Radstation eingeplant. Das zeigt, dass bei der Stadtspitze nicht angekommen ist, was bei den Bürgern passiert.“ Eine durchgehende Radverbindung durch die Talachse hält er für unverzichtbar, damit die Menschen sich wohlfühlen.

Als Verantwortlicher für den Klimaschutz bei der Stadt räumt Rolf Kinder beim Thema Verkehr Nachholbedarf ein. „Das ist ein wichtiger Bereich, der sich aber nur schwierig beeinflussen lässt. Dort ist bisher noch nicht genug passiert.“ Langfristig müsse es nicht nur weniger Emissionen, sondern einen ganz anderen Mobilitätsansatz geben, der verschiedene Verkehrsmittel eng miteinander vernetzt. „Das war in Politik und Verwaltung lange kein Thema, wird sich aber künftig stärker in den Planungen wiederfinden.“

Grundsätzlich müsse Wuppertal für ein gutes Klima noch viel mehr tun und das sei auch allen bewusst. „Doch wir haben schon ganz gute Grundlagen geschaffen“, sagt Kinder. Als leuchtendes Beispiel nennt er das Solakataster, das künftig mit dem 1000-Dächer-Projekt noch mehr Strahlkraft entfalten soll. „Das Ziel ist die Verdoppelung des Bestandes. Bis 2012 hatten wir rund 1100 Anlagen.“

Die Sonne biete als Energiequelle großes Potenzial, das sich leicht erschließen lasse. „Windkraft und Biomasse funktionieren hier nicht, deshalb sollten wir uns auf die Sonne konzentrieren“, sagt Kinder. Daneben müsse der Bereich der Raumwärme stärker in den Fokus rücken. „Die Förderung der Kraft-Wärme-Koppelung ist ein wichtiger Baustein.“

Bei den Bürgern sieht Hermann Ott viel Bereitschaft, die Energiewende mitzugestalten. „Wuppertal kann den Wandel schaffen, doch von der Stadt muss mehr kommen.“