Buchprojekt Was Engels sah und heute sehen würde
Arbeit von Tatiana Stroganova und Peter Ryzek.
Schon das Titelbild ist ein fantasievoller Anachronismus: Ein junger Friedrich Engels blickt, das Elternhaus im Rücken, durch ein Sprossenfenster den Betrachter an, während er selbst von einem älteren Friedrich Engels von der Seite angeschaut wird. Aus einer Schwebebahn im Hintergrund, fällt ein Tuffi-Elefant in die Wupper. „Engels’ Ansichten“ haben Tatiana Stroganova und Peter Ryzek ihr Büchlein genannt. Ein mehrdeutiger Titel, wie Jutta Höfel bei der Vorstellung am Sonntag erklärt. Weil er auf das, was der vor 200 Jahren geborene Barmer damals sah und heute sehen würde und auf die Philosophie des kommunistischen Revolutionärs anspielt.
Neun Orte haben sich die in Moskau geborene Malerin und der Wuppertaler Autor ausgewählt. Neun Orte, „die mit Engels, seinem Leben, Werk und seiner Familie eng verknüpft sind“, heißt es im Vorwort. Stroganova fertigte Skizzen, zu denen Ryzek recherchierte und schrieb. Seit Sonntag sind die Bilder Unterbarmer Kirche, Döppersberg, Färberei, Concordia und Rathaus Barmen, Von der Heydt-Museum, Citykirche, Bergbahn, Wildhelm-Dörpfeld-Gymnasium und das Titelbild im Atelier der Künstlerin zu einer kleinen Ausstellung zusammengehängt: Sorgsam mit sanften Aquarellfarben gemalt, und mit Linien, die die ausgebildete Architektin liebt. Mitschraffierten Konturen, die ihren Gegenständen und Personen „eine spielerische Leichtigkeit“ geben, sagt Höfel. Zur künstlerischen Freiheit gehören auch verrückte Gebäude oder Kombinationen aus den Stangen des neu gestalteten Busbahnhofs, zwei Schwebebahngenerationen und einer alten hölzernen Brücke. Und immer schaut Engels zu.
Gegenstände und Personen
in sanften Aquarellfarben
Hinzu kommen kurze Texte, in denen Ryzek die ausgewählten Orte im Wandel der Zeit beschreibt. Etwa den unbebauten Döppersberg, auf dem das Hauptbahnhofsgebäude im Zuge der Eisenbahn im 19. Jahrhundert entstand, der heute zentraler Verkehrsknotenpunkt ist. Die sachlichen Texte, so Höfel, „kombinieren wenige prägnante Informationen aus der Geschichte der Orte, die bisweilen auch für uns Wuppertaler eine Entdeckung parat halten“. Auch der Autor lernte seine geliebte Heimatstadt teilweise neu kennen. Die Russin Stroganova wiederum fand 1991 in Wuppertal eine Heimat, sie schätzt Architektur, Menschen, Berge. Schwebebahn und Kulturorte waren die Themen der ersten beiden Bilder-Bücher, die sie mit Ryzek schuf. Und auch beim vierten dürfte Wuppertal wieder Thema sein. Teil drei der Zusammenarbeit, „Engels’ Ansichten“, ist für Erwachsene und Kinder gedacht, die sich beim (Vor-)Lesen und gemeinsamen Schauen kreativ „mit der Geschichte der Stadt und mit den Ideen von Engels beschäftigen“, hofft Ryzek, der am Sonntag in „Vorleistung“ ging und vorlas.
» „Engels Ansichten“ ist noch bis 13. März im Art.Atelier T. Stroganova, Hünefeldstraße 90, zu sehen. Das Buch (10 Euro) gibt es dort und in der Galerie Ryzek, Obergrünewalder Straße 13. Die Ausstellung wandert ins Caritas-Begegnungszentrum (11. September) und in die Färberei (30. Oktober), wo sie wieder mit einer Lesung eröffnet wird.