Ein Hoch auf die unterschätzte Tuba
Ein Sinfoniker im Jubiläumsrausch: Solo-Tubist Hartmut Müller erlebt eine ganz besondere Saison.
Herr Müller, Sie kommen ja in dieser Saison quasi aus dem Feiern gar nicht mehr heraus. Das Jahr 2012 ist und war jedenfalls ein ganz besonderes für Sie. Was bedeutet Ihnen mehr: den 150. Geburtstag des Wuppertaler Sinfonieorchesters oder das 25-jährige Bestehen Ihres Melton Tuba Quartetts feiern zu können?
Hartmut Müller: Ich freue mich schon sehr, dass wir als Orchester in dieser Saison ein wunderbares Programm spielen und die positiven Orchesterperspektiven für die kommenden Jahre gesichert sind. Aber auch das Quartett hat für mich einen sehr besonderen Stellenwert, da ich dort seit der Gründung aktiv bin und viele der Ideen und Konzepte selbst mitentwickelt habe. Umso schöner ist es, wenn es in diesem besonderen Jahr ein gemeinsames Musizieren beider Klangkörper gibt.
Auch 2013 steht ein Jubiläum an: Sie sind seit fast 25 Jahren Mitglied des Wuppertaler Sinfonieorchesters. Hätten Sie 1988 — bei Ihrem Amtsantritt — gedacht, dass Sie dem Ensemble einmal so lange die Treue halten würden?
Müller: Mein erstes Konzert mit dem Sinfonieorchester liegt sogar noch länger zurück. Bereits seit 1982 spiele ich sehr regelmäßig mit den Wuppertalern. Ich habe noch die Einstudierung von Wagners „Ring“ unter Hanns Martin Schneidt miterlebt. Für mich war das Sinfonieorchester Wuppertal von Anfang an mein Wunschorchester, da ich dort als gebürtiger Remscheider vor Ort bleiben konnte.
Ihr Instrument gehört nicht gerade zu den „Klassikern“, die jedes Kind lernt. Wie kamen Sie zur Tuba?
Müller: Ich habe als Schüler meines Vaters zunächst viele Jahre lang Trompete gespielt. Erst während des Studiums habe ich den Instrumentenwechsel vollzogen und ihn bis heute nie bereut.
Was schätzen Sie bis heute an der Tuba?
Müller: Die Tuba ist ein allgemein sehr unterschätztes Instrument, da sie viel beweglicher ist als angenommen. Sie hat einen sehr großen Tonumfang und vor allem kann man auf ihr wunderbar warme und weiche Klangfarben zeichnen.
Sie sind in der aktuellen Saison häufig auch bei den Kammerkonzerten vertreten. Wie wichtig sind Ihnen solche Auftritte in kleinerer Besetzung?
Müller: Sie sind mir sehr wichtig. In der Arbeit des Orchesters hat die Tuba leider oftmals sehr wenig zu spielen und man verbringt viel Probenzeit mit Pausenzählen. Dennoch muss man sich für den dann kommenden Einsatz fit halten. Dies gelingt mir durch den hohen Anspruch, der bei der Kammermusik an mich gestellt wird. Außerdem kann man im Gegensatz zum Orchesterdienst viel mehr selbst gestalten.
Als Trio Euphony haben Sie jüngst zusammen mit der Sopranistin Elena Fink und der Harfenistin Manuela Randlinger-Bilz die erste CD herausgebracht. Beim zweiten Kammerkonzert dieser Saison wiederum treffen Blechbläser-Klänge auf Orgel-Töne. Auch das Melton Tuba Quartett ist schon von seiner Besetzung her etwas Besonderes. Haben Sie einen Hang zu exotischen Konstellationen?
Müller: Ich glaube einfach, dass in der Tuba viel mehr steckt, als ihr nachgesagt wird. Und ich empfinde es als eine besondere Herausforderung, neue Klangbilder und -welten zu erproben. Auch für die Zuhörer ist es doch sehr reizvoll, in heutigen Zeiten noch mit Neuem positiv überrascht zu werden.
Beim Sinfoniekonzert am 16. und 17. Dezember spielen Sie zum ersten Mal in Wuppertal John D. Stevens Stück „Grand Concerto 4 Tubas“. Was erwartet die Zuhörer?
Müller: Ich kann unserem Publikum ein abwechslungsreiches und unter die Haut gehendes Klangerlebnis versprechen. Es sind vier sehr unterschiedliche Sätze, in denen sich schnelle, virtuose Passagen mit wunderbaren Balladen-Klängen abwechseln. Die Musik ist rein tonal geschrieben und man hört die Prägung des Komponisten durch Gershwin, Bernstein und Copland. In der Akustik der Wuppertaler Stadthalle wird sich eine wunderbare Klangwelt ergeben.
Können Sie in Ihrer Freizeit überhaupt noch Musik hören? Oder anders gefragt: Wenn Sie mal nicht im Konzertsaal stehen — was hören Sie dann am liebsten?
Müller: In der Tat höre ich zu Hause recht wenig Musik. Unfreiwillig höre ich natürlich die Musik meiner Kinder und wenn ich selbst Musik auflege, höre ich gerne ruhigen Jazz oder entspannende brasilianische Musik.