Künstlerische Gratwanderungen

Dagmar Dörken Vogt öffnet zur Open House-Ausstellung ihr Atelierhaus am Beyenburger Stausee.

Foto: mws

Beyenburg. „Open House“ — das heißt schlicht offenes Haus. Bei Dagmar Dörken Vogt ist es Titel der mittlerweile vierten Ausstellung, für die sie ab Samstag ihr Atelierhaus in Beyenburg öffnet. Diese ist gleich in mehrfacher Hinsicht offen: Für eine vielfältige Kunst, die abstrakt und realistisch, schroff und sanft, kräftig und zart zugleich ist. Die Künstlerin hofft, „dass möglichst viele Kunstinteressierte diesen besonderen Ort mit seiner Intensität und Vielfalt für sich entdecken“.

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Genau das hat die 1960 in Castrop-Rauxel geborene Malerin und Bildhauerin bereits getan, die seit 2012 in „Vollzeit“ in dem alten Fachwerkhaus Kunst erstellt, während sie in Herdecke wohnt: „Ich liebe das hier“, schwärmt Davo (so ihr Kunstname) für das Bergische Land, das hier oberhalb des (herbstlichen) Beyenburger Stausee besonders schön ist.

Die Natur ist denn auch Kern und Angelpunkt der Kunst: „Sie ist immer wichtig.“ Städte und Menschen dagegen weniger. Zumindest aktuell. Gleichwohl finden sich auch solche Werke, etwa die drei Frauenköpfe aus bemaltem Gips. Rund hundert Skulpturen „bevölkern“ derzeit das Haus und vor allem den weitläufigen Garten mit dem großen Rasen. Erstmals zeigt Davo auch die Skulpturen „Compounds“. Mit Lacken bespritzte (Aluminium)Verwicklungen, die sie aus den zunächst gesteckten Eisen-Nestern entwickelte, die Anfang des Jahres bei der Ausstellung der Bergischen Kunstgenossenschaft in Wuppertal gezeigt wurden. „Ich wollte mit großen Alubändern arbeiten, will noch größer werden.“ Lieblingsmaterialien der Künstlerin: Aluminium und Bronze, der Vervielfältigungsmöglichkeiten wegen.

Weil sie nicht nur Skulpturen fertigt, sondern mindestens genauso gerne malt („das hält sich die Waage“), hängen an den Wänden auch gemalte Nester, wachsen aus Skulpturen schon mal Blüten. Weitere Lieblingsmotive sind Berge, Blätter, Wasser und, ganz neu, Wälder und Seen. Gemalt wird meist mit Lackfarbe, weil die eine dicke Struktur und Tiefe erlaubt und wasserlöslich ist. Insgesamt können die Besucher in dem verwinkelten Haus (das Lager eingeschlossen) zirka 500 Bilder entdecken.

Konstante in der Vielfalt: Davo fertigt Serien, weil sie so die Farbigkeiten der verschiedenen Ebenen, die Figur-und-Raum-Beziehungen, Spannungsverhältnisse von Figur, Grund und Farbe variieren, mit ihnen experimentieren kann.

Am Anfang steht immer eine Idee. Hinzu kommen Intuition, jahrelange Erfahrung und Können: Dörken Vogt studierte Kunstpädagogik in Dortmund, absolvierte Ausbildungen in Malerei bei Markus Lüpertz in Bad Reichenhall und Bildhauerei bei Mathias Lanfer in Trier, erhielt Lehraufträge, wurde mehrfach ausgezeichnet und bestritt mittlerweile über hundert Ausstellungen.

Ihre Werke sind künstlerische Gratwanderungen, uneindeutig, aber nicht ungenau. „Diese Spannung ist wichtig. Das Thema ist erkennbar, aber jeder kann etwas anderes in meiner Kunst sehen“, erklärt Dörken Vogt. So vergleichen manche ihre Skulpturen mit Tony Cragg, Auguste Rodin oder Henry Moore, erinnern sich andere bei ihren Blütenbildern an Claude Monet. Davo ärgert das nicht. Sie hat ihre eigene Handschrift geformt. Und das mit Erfolg: Sechs Galerien verkaufen ihre Arbeiten zu vierstelligen Preisen.