Umstellung Gericht führt die elektronische Akte ein

Beginn mit Zivilverfahren – bis 2026 müssen alle Bereiche umgestellt sein.

Arnim Kolat schätzt die Möglichkeiten der elektronischen Akte.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Das Wuppertaler Landgericht führt derzeit für Zivilverfahren die elektronische Akte ein. Weitere Bereiche werden folgen, bis 2026 sollen laut Gesetz alle Gerichte in Deutschland mit elektronischen Akten arbeiten.

Die Umstellung „ist eine echte Mammutaufgabe“, sagt Arnim Kolat, Sprecher des Landgerichts. Ein Großteil ist bereits erledigt: So wurde die IT des Gerichts auf den zentralen Justiz-Server des Landes in Münster verlegt. „Wenn wir jetzt in Wuppertal Daten eingeben, werden die in Münster verarbeitet“, erklärt Kolat. Das sei Voraussetzung dafür, Akten von Gericht zu Gericht verschicken zu können.

Ab jetzt werden neue Zivilakten nur noch elektronisch angelegt, bestehende Papierakten aber bis zum Ende des Verfahrens weiter genutzt. Etwa in einem Jahr soll ein Großteil der Zivilverfahren mit elektronischen Akten geführt werden.

Anwälte müssen seit einigen Jahren ein elektronisches Postfach vorhalten, ab 2022 sind sie verpflichtet, Unterlagen elektronisch einzureichen. Für ihre Mandanten können sie die Unterlagen aber nach Bedarf ausdrucken. Auch wer ohne Anwalt vor Gericht auftritt, erhält auf Wunsch Papierakten.

Ankommende Papier-Unterlagen werden im Gericht von Hochleistungsscannern in digitale Dateien verwandelt. Wachtmeister und ein Rechtspfleger prüfen, ob die Unterlagen vollständig und korrekt erfasst wurden.

„Die elektronische Akte bietet handfeste Vorteile“, betont Arnim Kolat. „Sie spart erheblich Mengen an Papier und Porto.“ Bisher werden Schriftsätze oft in vielfacher Ausführung verschickt, manchmal zusätzlich gefaxt. Das Landgericht verbrauchte zuletzt rund zwei Millionen Blatt Papier pro Jahr – einen Stapel von 200 Metern Höhe. Das wird sich reduzieren.

Zudem wird der Versand beschleunigt. Bisher dauern erst der Postversand, dann die Verteilung in der Behörde. Digitale Dateien sind in Sekunden am Ziel. Weil elektronische Akten parallel von mehreren bearbeitet werden können, müssen verschiedene Stellen nicht mehr aufeinander warten.

Elektronische Akten ließen sich auch leichter lesen, so Kolat. Die Software kann doppelte Schriftstücke ausblenden, Dokumente zum Vergleich nebeneinander zeigen, nach Stichworten suchen: „Es gibt jetzt viele Möglichkeiten, eine Akte schnell und gut durchzuarbeiten.“

Das lobt auch Hardo Siepe, Vorstandsvorsitzender des Wuppertaler Anwaltsvereins: Er sieht die Vorteile „in der Beschleunigung fast aller Prozesse in der Kanzlei, in einer Erhöhung der Flexibilität und damit letztendlich in einer gesteigerten Effizienz der gesamten Kanzlei“. Die Digitalisierung ermögliche   größere Mobilität und das Arbeiten im Homeoffice.

Herausforderungen für Kanzleien seien die Investitionen: Sie bräuchten Geräte und Software, müssten Internetverbindungen und Sicherungsvorkehrungen umstellen, zudem die Mitarbeiter schulen. Daher sei die Umstellung „gerade für kleinere Kanzleien nicht nur eine wirtschaftliche Herausforderung, sondern auch mit erheblichem Schulungs- und Motivationsbedarf der Mitarbeiter verbunden“, erklärt Siepe.

Wie viele Kanzleien die elektronische Akte bereits nutzen, weiß er nicht, aber „meiner Meinung nach schreitet die Digitalisierung der Kanzleien, nicht zuletzt aufgrund der Pandemie, in diesem Jahr, deutlich voran.“