Redaktionsbesuch Leser blickten hinter die Kulissen der WZ

Wuppertal · 20 Teilnehmer eines Kurses des Bildungswerks „Arbeit und Leben“ hatten viele Fragen an Chefredakteur Lothar Leuschen

Die Kursteilnehmer freuten sich über die Einblicke in die Arbeit der Westdeutschen Zeitung (links Chefredakteur Lothar Leuschen und Kursleiterin Elke Brychta).

Foto: Andreas Fischer

Aus allen Nähten platzte der Konferenzraum der WZ-Redaktion, als der Kurs „Hinter die Kulissen geschaut“ des Bildungswerks „Arbeit und Leben“ die Gelegenheit nutzte, mehr über die Zeitung und die Arbeit in der Redaktion zu erfahren. 20 neugierige Kursteilnehmer fragten Chefredakteur Lothar Leuschen nach allen Regeln der Kunst aus, der bereitwillig Antwort gab. Nach mehr als zwei Stunden bedankten sie sich mit Applaus für die vielen Auskünfte. „Das war sehr kurzweilig“, freute sich Kursleiterin Elke Brychta.

Sie bietet den Kurs schon seit vielen Jahren an, besucht mit den Teilnehmern Firmen und Organisationen, spricht mit Chefs uns Initiatoren. Teilnehmer berichteten von Treffen mit der Staatsanwaltschaft und Gesprächen in einem Buchladen. Auf dem Plan stehen unter anderem noch eine Baustellenführung durch Elberfeld – gemeinsam mit der WZ – und das Opernhaus. Auf den Besuch bei der WZ haben sich einige besonders gefreut, erzählen sie.

Im Gespräch erläuterte Lothar Leuschen unter anderem, wie Nachrichten ausgewählt werden – „nach Relevanz: Die Nachricht muss für die Wuppertaler wichtig sein“; er erklärte die politische Unabhängigkeit der Zeitung, sprach über sinkende Abonnentenzahlen – „junge Menschen lesen keine Zeitung mehr“ und die Folgen des Internets – „die Leute zahlen nicht mehr für Lokalnachrichten“.

Von den Zeitungslesern wollten viele noch eine Papierzeitung, berichtete er. „Viele mögen den Geruch und das Rascheln.“ Das zeige: „Zeitung ist Gewohnheitssache.“ Aber man könne sich auch ans E-Paper gewöhnen. Die Vorteile: Es könne noch später aktualisiert werden, habe dann etwa Fußballergebnisse aus der Zeit nach 22 Uhr. Man könne die Schrift vergrößern, sich den Text vorlesen lassen. Einige Kursteilnehmer berichteten, dass sie mit dem E-Paper im Urlaub Zeitung lesen können. Klaus Krause wusste, dass das E-Paper auch auf fünf verschiedenen Geräten gleichzeitig gelesen werden kann.

Lothar Leuschen erklärte, dass Drucken und Verteilen der Zeitung große Kostenfaktoren sind, prognostizierte, dass in den nächsten zehn Jahren einige Zeitungen wohl nur noch online erscheinen werden. Noch aber beziehe das Gros der Leser gedruckte Ausgaben. Er wies darauf hin, wie viel die WZ-Abonnenten für ihr Geld bekommen: 560 Seiten im Monat. Elke Brychta betonte, dass sie besonders den Lokalteil der WZ sehr stark findet: „Den lese ich sehr gerne.“

Von der Bedeutung der Kommunalpolitik

Das Thema Fehler in den Texten wollte sie nicht auslassen, auch wenn diese weniger geworden seien. Lothar Leuschen räumte ein: „Wir dürfen keine Fehler machen“, aber sie passierten leider trotzdem. Denn es gebe schon seit Jahrzehnten kein Korrektorat mehr bei Zeitungen. Rechtschreibsysteme im Computer fänden nicht alle Fehler. Zwar würden alle Texte von Kollegen gegengelesen: Aber beim vierten Text gelinge das nicht immer so gut wie beim ersten. Das sei für die Redakteure selbst ärgerlich.

Nach Leserbriefen fragte Elfie Althaus. Die seien weniger geworden, sagte Lothar Leuschen. Es machten sich wohl weniger die Mühe zu schreiben. Aussortiert würden Briefe mit ausländerfeindlichem Inhalt. Die WZ drucke auch keine Leserbriefe anonym, denn dafür gebe es keine Begründung: „Wir dürfen hier eine Meinung haben.“ Die WZ wolle anders als Soziale Medien keine Plattform für Menschen bieten, die aus der Anonymität heraus andere angreifen. Die Meinung der Teilnehmer zu Leserbriefen ging auseinander. So fand Ethel Schneider: „Die Meckerer gehen mir auf die Nerven.“ Andere fanden gerade kritische Zuschriften amüsant.

Lothar Leuschen trat für die Bedeutung der Berichte über Kommunalpolitik ein: „Sie ist das wichtigste Element der Politik, denn sie bestimmt, wie wir leben – ob ein Discounter oder ein Altenheim errichtet wird, ob es einen Zebrastreifen oder eine Ampel gibt.“

Beim Thema Zugang von Jugendlichen verwies er auf die von Schülern produzierte Seite „Texthelden“, auf die Möglichkeit zum Schulpraktikum bei der WZ und ein geplantes Projekt, das Jugendliche für das Erkennen von „Fake News“ sensibilisieren soll.

Die Kursteilnehmer fragten auch nach der Zahl der Redakteure – zehn in der Lokalredaktion plus zwei Volontärinnen, den Arbeitszeiten – 10 bis 18.30 Uhr, einem typischen Tag – den gibt es nicht, dem Redaktionsschluss – 21.30 Uhr, wie viele Zeitung Lothar Leuschen täglich liest – durchschnittlich fünf – und, ob er heute manches anders sieht als früher. Er sehe heute manches differenzierter als früher, sagte er. Aber seine Grundhaltungen hätten sich nicht verändert.

„Sie haben den Geist der Zeitung gut rübergebracht“, fasste Elke Brychta am Ende zusammen. Und Lothar Leuschen entließ die Gäste nicht, ohne sie aufzufordern, sich gern mit Informationen bei der Zeitung zu melden.