Neues Leben im alten Bahnhof
Die Station Varresbeck hat einen neuen Besitzer – und wird nun wieder auf Vordermann gebracht.
Wuppertal. Den Anfang machte ein Blatt Papier, geschützt in einer Klarsichtfolie, mehrfach kopiert und an die Türen und Fenster des alten Varresbecker Bahnhofs gehängt: In wenigen Zeilen bat Dieter Kastel darum, ab sofort nicht mehr das Gebäude an der Nordbahntrasse zu beschädigen und vor allem nicht mehr die Fenster einzuwerfen. Im März hat der 42 Jahre alte Wuppertaler das lange vergessene Denkmal von der Bahn gekauft, um es nun wieder Schritt für Schritt in Schuss zu bringen.
Einen alten Kindheitstraum habe er sich damit erfüllt, verrät Kastel im Gespräch mit der WZ - gut gelaunt und voller Tatendrang. "Hier haben wir jetzt jede Menge Platz", fügt er hinzu - und meint damit seine Frau, seinen Sohn, das gut 1600 Quadratmeter große Grundstück und sein ausgeprägtes Faible für Oldtimer-Motorräder: Dieter Kastel ist erklärter Tornax-Fan, gelernter Gas- und Wasserinstallateur, Konstrukteur im Maschinenbau, Bastler - und natürlich auch im Besitz eines alten Fahrrads (Baujahr 1935).
Mit dem will er in Zukunft die Nordbahntrasse vor seiner Haustür bereisen und über den Bahnhof Varresbeck hinaus für einen echten Hingucker sorgen. Bis dahin ist - bei aller Nähe - der Weg aber noch weit: "Wir erhalten den Bahnhof so, wie er jetzt ist", erklärt Kastel, "und das in enger Abstimmung mit der Denkmalbehörde." Schon zuvor hat der 42-jährige mit Vorliebe alte Wohnhäuser auf Vordermann gebracht.
Das 1879 in Betrieb genommene Schmuckstück an der Nordbahntrasse will er nach der Renovierung komplett privat nutzen - auch nach negativen Erfahrungen mit Mietnomaden. Gerüst-, Dach-, Fenster- und Dämmarbeiten stehen ebenso auf der Liste wie die Gestaltung des Eingangsbereichs nach historischem Vorbild.
"Wir brauchen dazu aber unbedingt noch alte Fotos vom Bahnhof aus der Zeit vor 1965", fügt Kastel nach umfangreichen Archiv-Recherchen hinzu. "Vielleicht gibt es ja noch ältere Wuppertaler, die im Besitz solcher Bilder sind. Das wäre uns jetzt eine große Hilfe." Schon in acht Wochen will Kastel den Bahnhof an der Benrather Straße so weit fertig haben, dass er mit seiner Familie einziehen kann. Jetzt gehe es aber erst einmal darum, ganz in Ruhe mit den Handwerkern am Gebäude arbeiten zu können. "Zeit für Gespräche und spontane Besucher bleibt da leider nicht." Schon jetzt sei die Resonanz groß.
Ein Vierteljahr hat der Wuppertaler mit der Bahn verhandelt, ist nach eigenem Bekunden hartnäckig geblieben - und behält den Kaufpreis für sich. "Die Sparkasse hat mich da sehr unterstützt" Nach seinem Appell auf Papier haben ihm einige Wuppertaler Hilfe bei der Renovierung des Bahnhofs angeboten, "und auch das freut mich sehr, ist aber jetzt ausreichend."
Die Sprache verschlug es Kastel allerdings, als sich bei ihm auch noch ein Jugendlicher meldete, der angesichts der eingeworfenen Fenster offenbar ein schlechtes Gewissen hatte - und ebenfalls mithelfen wollte. So etwas erlebt man, dessen ist sich Dieter Kastel ganz sicher, nur an der Nordbahntrasse.