90 Wuppertaler Jahre Rollendes Museum erinnert an Wuppertaler Straßenbahn

Wuppertal · Im Jahr 1969 gründeten sieben Nahverkehrsfreunde den Verein Bergische Museumsbahnen. Sie erhielten so der Nachwelt ein Stück Verkehrsgeschichte.

 Auch heute sind die Bahnen noch unterwegs.

Auch heute sind die Bahnen noch unterwegs.

Foto: Fischer/Fischer, A. (f22)

„Bei einem der letzten Schmalspur-Ritter“ titelte der General Anzeiger im Frühsommer 1970 eine Story über die Mitfahrt in einer der alten Meterspurbahnen vom Uellendahl zum Döppersberg. Reporter Peter Joachim Schmied zitierte Fahrer Eduard Schade: „ Wir waren eine große Familie, jeder kannten jeden. In der Talbahn und in den Bussen geht es unpersönlicher zu!“ Am Döppersberg warf der Autor noch einen Blick auf die zum Ausmustern verurteilten Veteranen.

Doch die Vereinsgründer der Bergischen Museumsbahnen wollten eben diese Atmosphäre elektrischer Mobilität der Vorväter der Nachwelt erhalten. Der Plan, das Teilstück der alten Linie 5 von Cronenberg bis Kohlfurth als historische Straßenbahn zu betreiben, erhitzte bald die Gemüter. Der GA schrieb „ Die Museumsbahn schafft es nicht allein!“ Leserbriefe warnten vor „Jahrmarktstreiben im Kaltenbachtal“ und „Bierseligen Hobbyisten“.

 Der erste Wagen in der Kohlfurth war 1973 unterwegs.

Der erste Wagen in der Kohlfurth war 1973 unterwegs.

Foto: Michael Malicke

Mit dem Jahr 1973 kam der Durchbruch. Der Verein konnte einen Vertrag für die Nutzung der Trasse abschließen. Es begann ein Aufbauwerk, das sich die damals Beteiligten so nicht vorgestellt hatten. Schienen und Weichen mussten in Wuppertal, Remscheid, Hagen und Bochum von Hand ausgebaut und im Betriebshof an der Kohlfurther Brücke neu verlegt werden. Eine eigene Halle, eine neue Stromversorgung mit 600 Volt Gleichstrom mussten her und viele weitere Hürden genommen werden. 1992 eröffnete Landesvater Johannes Rau die Bergische Museumsstraßenbahn – heute ist die BMB Deutschlands kleinster Straßenbahnbetrieb mit den gleichen Auflagen wie die Verkehrsbetriebe in Köln oder Düsseldorf. Nur das die rund 30 Aktiven alles ehrenamtlich in ihrer Freizeit machen. Jährlich kommen rund 30 000 Besucher auf das Museumsgelände, darunter 20 000 Fahrgäste der regelmäßigen Touren zwischen Kohlfurth und Cronenberg-Greuel. Das letzte Stück der insgesamt 3,2 Kilometer langen Strecke hinaus zum Möschenborn/Ecke Lenzhaus soll spätestens übernächstes Jahr befahren werden können.

Die Besucher kommen nicht nur aus dem Bergischen Land. Neben Hobbyisten aus ganz Europa und darüber hinaus schätzen inzwischen Niederländer und Belgier die rollende Attraktion. Großväter zeigen den Enkelkindern wie sie früher zur Schule und Arbeit gefahren sind, und die Schaffner überreichen den jungen Gästen bis 16 Jahren einen kostenlosen Fahrschein, der dann ganz stolz nach Hause getragen wird.

 Beim Bau der Wagenhalle waren die Stellplätze für die historischen Straßenbahnen knapp bemessen.

Beim Bau der Wagenhalle waren die Stellplätze für die historischen Straßenbahnen knapp bemessen.

Foto: Michael Malicke

Derzeit stehen fünf historische Bahnen, keine jünger als 60 Jahre, für Fahrten zur Verfügung. Absoluter Star ist TW 94, der einst 1928 von der legendären Barmer Bergbahn AG angeschafft wurde und vom Toelleturm auf den Strecken nach Ronsdorf und Cronenberg Verwendung fand. Er wurde komplett von Grund auf neu aufgebaut und glänzt in Chrom und Lackkleid. Wagen 105 von 1927 ist ein typischer Vertreter der Bahnen, die einst in Elberfeld zu sehen waren und auch über die Kohlfurth bis nach Solingen zum Einsatz kamen. Der „Benrather“, Baujahr 1936, startete einst in Vohwinkel an der Schwebebahn beziehungsweise in Solingen-Ohligs und konnte viele Personen auf seinem Weg nach Düsseldorf mitnehmen.

Wagen wie der Triebwagen 275 der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahn waren Jahrzehnte lang moderne Gelenkfahrzeuge, und eine bauartgleiche Tram stand in den frühen 1950er Jahren testweise auf den Wuppertaler Schmalspurgleisen. Leider konnten sich die Verantwortlichen nicht zum Kauf entscheiden.

Der Hagener TW 337 von 1975 bekommt im Spätsommer wieder einen betriebsfähigen Anhänger – da kann die BMB dann zeigen, wie man früher in Spitzenzeiten das Mitnahmeangebot verdoppelte. Auch sonst haben die Aktiven die letzten Jahre gut genutzt. Die gesamte Strecke konnte mit öffentlichen Mitteln von Fachfirmen generalüberholt werden. Die eigene „Grüntruppe“ hält die Bahntrasse frei von Bäumen und Gestrüpp und erhält auch immer wieder Hilfe vom Technischen Hilfswerk sowie von Garten- und Landschaftsbauunternehmen. Unauffällig aber arbeitsintensiv war die Sanierung eines alten Güterwagens der Thüringer Waldstraßenbahn aus Gotha. Mit neuem Dach und Seitenwänden mausgrau angestrichen, können die Arbeitstrupps Werkzeug und Material wettergeschützt auf die Strecke hinaus mitnehmen.

Dank eines Sponsoring Vertrages mit den Wuppertaler Stadtwerken zeigen sich die Museumsbahner mit mehreren Vorträgen als sachkundige Kenner der elektrischen Mobilität. Am 12. April berichtet ab 19 Uhr im Betriebsrestaurant der WSW an der Schützenstraße 34 Bernhard Terjung über die Geschichte des Obusses in Wuppertal. Weitere Vorträge gelten den Straßenbahnen in Hagen und nach Breckerfeld, den Schwebebahnen in aller Welt sowie einem Reisebericht über Tram und Hochgeschwindigkeitszüge in Japan.

Am Sonntag, 14. April, ab 10.40 Uhr beginnt die diesjährige Fahrsaison der BMB an der Kohlfurther Brücke. Gegen 12 Uhr marschiert die Band Bagpipe Company - Pipes & Drums auf den Hof und gratuliert der Museumsbahn musikalisch zum 50. Geburtstag. Das wird nicht nur akustisch, sondern sicherlich auch optisch ein Genuss.