„Gewaltfrei lernen“ So lernen Wuppertaler Schüler den Umgang mit Konflikten im Schulalltag
Wuppertal · Ein Training für sozial kompetentes Verhalten und Stärke. Dies praktiziert die Hermann-Herberts-Grundschule in Cronenberg bereits seit vielen Jahren erfolgreich.
Mit dem „kleinen Ärger“ gut und fair umzugehen lernen – so formuliert der Gewaltpräventionspädagoge Markus Parnow das Ziel des Projektes „Gewaltfrei lernen“. Seit neun Jahren bekommen die Grundschülerinnen und Grundschüler an der Hermann-Herberts-Grundschule in Cronenberg jedes Jahr die Möglichkeit, unter Anleitung einen guten Umgang mit Konflikten zu üben. Das Schulungskonzept schließt Lehrerinnen und Lehrer sowie die Eltern ein.
„Das war ursprünglich eine Idee, die Eltern an uns herangetragen haben. Sie machten sich Sorgen, dass ihre eher schüchternen Kinder mit dem Beginn der Grundschulzeit vielleicht unter die Räder kommen würden. Sie wünschten sich ein Training für sozial kompetentes Verhalten und Stärke“, erinnert sich Schulleiterin Claudia Metzenauer an den Start des Projektes im Schuljahr 2016/17. An der Grundschule Küllenhahn arbeitete Sibylle Wanders vom Verein „Gewaltfrei lernen“ bereits mit ihrem Team, so dass der Kontakt schnell hergestellt war. Seitdem bekommt jede Klasse in jedem Jahr einige Trainings- und Auffrischeinheiten für ein besseres Miteinander im Schulalltag.
Angst, Gewalt und Ausgrenzung schon an Grundschulen ein Thema
„Dass das funktioniert, erleben wir immer wieder. Im Vorbeigehen sehen wir Kinder, die ihrem Gegenüber beispielsweise energisch die Handfläche entgegen halten und mit einem deutlichen ‚Stopp! Das haben wir so gelernt‘ ihr Gegenüber ausbremsen“, beobachtet Claudia Metzenauer mit ihrem Kollegium. Klare Signale senden, Rituale kennen und einhalten, Ich-Stärke entwickeln und zeigen – die Ziele und Inhalte des Grundschulkinder-Coachings sind vielfältig und machen Spaß, weil sie spielerisch und bewegungsreich vermittelt und geübt werden.
Die Möglichkeiten, sich gegenseitig zu verletzten, zu mobben und niederzumachen sind vielfältig: „Das geht von Beleidigungen über das Auslachen, Spucken, Hauen, Treten“, weiß Markus Parnow aus seinem Berufsalltag. Die mediale Präsenz von Gewalt, körperlicher und verbaler, zu der schon junge Kinder heute Zugang haben, sieht er mit als Ursache dafür an, dass schon im Grundschulalter oftmals Ausgrenzung, Angst und Gewalt im Schulalltag an der Tagesordnung sind.
Im Training sind die Kinder durchaus gefordert, Grenzen einerseits zu setzen, andererseits aber auch den Mut zu finden, sie zu überwinden, wenn sie einem fairen und entspannten Umgang miteinander im Wege stehen. Die Kinder der dritten Klasse von Dörthe Zimmermann sind schon recht fit, wenn es darum geht, sich abzugrenzen: Spielerisch erarbeitet Markus Parnow mithilfe eines plüschigen Balls die Grenzen dessen, was man als Berührung erlauben möchte. „Vielleicht möchte man das gar nicht!“, erklärt Paul dem Trainer, denn die Kinder wissen längst, dass Bereiche im Gesicht, der Hals und die „Zonen, die Badehose und Bikini“ bedecken, bei der Übung und im Alltag grundsätzlich tabu sind.
Dörthe Zimmermann beobachtete „ihre“ Kinder nicht ohne Stolz, als sie ihrem Coach diese Regel souverän erklären. Über einen kleinen Widerstand hinweg half Markus Parnow, der „Trainer für Freundschaft“, den Kindern, als es darum ging, den Partner fürs erste Training auszuwählen. Das sollte nämlich ausdrücklich jemand sein, zu dem man eher keinen Draht hat. „Hier muss jeder mal mit jedem üben. Wenn man neue Leute kennenlernt, lernt man auch neue Spiele und neue Tricks für Freundschaft kennen“, navigierte der Coach die Kinder durch die für manche nicht ganz einfache Startsituation.