Das Becken brodelt wie ein Whirlpool

Das Klärwerk Kohlfurth verwandelt Abwasser in Wupperwasser. Bis die brackige Brühe geklärt ist, dauert es bis zu acht Stunden.

Foto: Andreas Fischer

Kohlfurth. Die Schritte hallen von den glatten Betonwänden wider, die Stimme von Dominique Orth klingt hohl. „Wir befinden uns hier unterhalb der Flockenfiltration. Acht Filter säubern dort das Wasser aus der Nachklärung“, sagt der Abwassermeister und deutet auf die dicken Rohre mit den mächtigen Absperrhähnen. Irgendwo tröpfelt Wasser in einem gleichmäßigen Rhythmus. Das Woher und Wohin bleibt unsichtbar.

Aufgetaucht aus dem Gedärm des Klärwerks Kohlfurth führen zahlreiche Wege an eckigen und runden Becken vorbei zur Quelle auf der gegenüberliegenden Seite. Rauschend fließt die braune Brühe durch die enge Betonrinne. „Das sind 1640 Liter pro Sekunde. Das Abwasser kommt direkt aus dem Morsbachsammler und dem Westhangsammler“, berichtet Dominik Orth. Den beißenden Geruch, der ein wenig an Essigreiniger erinnert, nimmt er kaum noch wahr.

Ein fauliger Gestank schlägt ihm entgegen, als er eine Metallklappe öffnet. Darunter kommt ein Rechen zum Vorschein, dessen Zinken mit gebrauchten Taschentüchern, Essensresten und undefinierbarem Müll gespickt sind. Eine Zitronenscheibe garniert das übel riechende Ensemble. „Manchmal ruft jemand an, er suche seine Prothese, ob wir sie vielleicht gefunden haben“, berichtet Dominik Orth grinsend.

Eine Etage tiefer spuckt ein Förderband die geschredderten Feststoffe in einen Container. Das Wasser ist längst weitergerauscht und hat sich im Sandfang gesammelt. „Hier verringern wir die Fließgeschwindigkeit, damit der grobe Schmutz sich am Boden des Beckens absetzt und die beiden Pumpen ihn von dort absaugen können“, erklärt der Experte die Funktion der Anlage. Wir schwarzer Splitt wirken die Reste, die ein weiteres Förderband in einen zweiten Container rieseln lässt.

Noch immer ist das Wasser braun, wie ein aufgewühlter See nach einem heftigen Gewitter. Mit einem Schwall ergießt es sich in die Grobentschlammung. Wäre das Wasser klar und das Becken blau, könnte es zu einem Bad einladen. So taucht nur die massige Metallbrücke ihren Räumschild in die brackige Brühe.

„Der Boden ist schräg, so dass der Schlamm sich in einem Trichter sammelt. Pumpen befördern ihn weiter in den Voreindicker und von dort in die großen Faulbehälter“, erläutert Dominik Orth und zeigt mit der Hand auf die riesigen halbrunden Behälter, die wie übergroße Eier in den Himmel ragen. „Sie fassen zusammen 8000 Kubikmeter Material. Bei 37 Grad Celsius arbeiten im Inneren Mikroorganismen, die das Gas für unser Blockheizkraftwerk erzeugen, das bis zu 90 Prozent des Energiebedarfs deckt.“

Über die grüne Wiese erreicht der Abwassermeister in wenigen Schritten die Biologie. In den Becken sprudelt es wie in einem Whirlpool. Unaufhörlich steigen Millionen Blasen aus der Tiefe auf, oberflächlich bilden sich Blasen und Strudel, es brodelt und schäumt, das Wasser scheint zu kochen. Dem Bad entsteigt ein Duft, der entfernt an Waschmittel erinnert.

„Zahlreiche Mikroorganismen erledigen auch dort die Arbeit für uns. „Sie verwandeln Ammonium in Nitrat und brauchen dafür Sauerstoff“, erläutert Dominik Orth den Prozess. Er wiederholt sich nach Becken eins uns zwei in Becken drei und vier. Rund acht Stunden ist das Wasser in der Anlage unterwegs. Stetiger Nachschub ist garantiert. „Zwischen 120 und 150 Liter Abwasser produziert jeder Wuppertaler jeden Tag.“

Das durchgewirbelte Wasser hat in zwei runden Bassins zunächst Gelegenheit, zur Ruhe zu kommen. Während der schwere Schmutz absinkt, läuft oben klare Flüssigkeit über zackige Metallkämme ab. „Von dort geht es nach unten durch die Flockenfiltration.“ Davon ist nur das schwache Dröhnen der Maschinen zu hören. „Sie pumpen das Wasser wieder nach oben.“ Wie in einem Bach rauscht es über eine bemooste Kante. Dominik Orth wirft noch einen Blick auf die Anzeige mit den digitalen Werten. Er nickt zufrieden. „So können wir das Wasser direkt in die Wupper einleiten“, sagt er und blickt in Richtung der jungen Bäume, hinter denen unsichtbar der Fluss verläuft.