Kommunalwahlkampf Wahlplakate für knapp 47 000 Euro hängen an den Wuppertaler Straßen

Wahlplakate wohin man schaut. Mehr als 47000 Euro lassen sich die Parteien die Wahlwerbung kosten. Designexpertinnen haben für uns einen Blick darauf geworfen.

Romy Faust (links) und Lisa Nohl (rechts) begutachten die Plakate der Parteien. Die Grünen-Plakate seien zwar nett gemacht, aber entweder nicht lokal genug oder wie dieses nicht für alle verständlich.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Wahlplakate wohin man schaut. Mehr 47 000 Euro lassen sich die Parteien die Wahlplakate kosten. Spitzenreiter ist die SPD, die 15 000 Euro investiert hat. Die FDP folgt mit 14 000 Euro, vor der CDU mit 10 000 Euro. Die Grünen (5000 Euro) und Die Linke (2000 Euro) und Die Partei (1000) Euro gaben dagegen deutlich weniger aus.

Dabei ist der Nutzen der Wahlplakate eher umstritten. So hadert Claudia Schmidt von den Grünen schon länger: „Macht diese Materialschlacht in der heutigen Zeit überhaupt noch Sinn?“ Für Schmidt ist eines klar: „Der Wahlkampf wird nicht über die Anzahl der Wahlplakate entschieden.“

Marcel Hafke (FDP) und Rolf Köster (CDU) sind sich beim Nutzen der Plakate einig: „Plakate erinnern die Wähler daran, dass eine Wahl stattfindet.“

Die beiden Marketing- und Kommunikationsexpertinnen der Agentur Grammar & Typo, Romy Faust und Lisa Nohl, haben für die WZ einen kritischen Blick auf die Kommunalwahlplakate der einzelnen Parteien geworfen.

Zwei Stunden liefen die beiden dafür vom Hauptbahnhof durch die Fußgängerzone und dann noch ein Stück über die B7 und beäugten den Plakatwald.

Die Farben Rot und Grün dominierten das Bild.

Bei der SPD fällt den Frauen der klar formulierte Slogan auf: „Der Hashtag #dubistWuppertal richtet sich natürlich an die jungen Wähler, ist jedoch auf kleinen Plakaten häufig schlecht zu lesen“, so Nohl. Faust findet die Plakate völlig überladen: „Viel zu viel Text und nur wenig Aussage.“

Das will Servet Köksal (SPD) so nicht stehen lassen. Er ist sicher, „dass die Menschen von uns erreicht werden, indem wir klare Statements und Standpunkte formuliert haben.“

Rolf Köster von der CDU ist sich klar bewusst: „Die Leute nehmen den Wahlkampf gar nicht mehr wahr. Die inhaltliche Aussage gestaltet sich deshalb schwierig.“ Trotzdem fielen die Plakate erst einmal mehr auf: „Die Fernwirkung, die durch das wiederkehrende Logo und die grafische Gestaltung mit dem Orange bei der CDU erzielt wird,“ ist laut Faust „sehr hoch.“ Ein Bild, auf dem eine Erwachsenenhand eine Kinderhand greift, gefällt den beiden Frauen jedoch überhaupt nicht. Eigentlich wolle das Bild doch zeigen, dass Kinder die Zukunft sind und es solle eine Sicherheit suggerieren. „Leider kann das Bild die Botschaft nicht rüberbringen.“

Die Plakate der Grünen „schießen“ laut Faust „über das Ziel hinaus.“ Gestalterisch sind sie „gelungen und das Grün ist natürlich auffällig. Jeder kann etwas beitragen,“ findet Nohl. Für Faust ist „Klima ein regionales Thema und eignet sich eher nicht für Kommunalwahlen“. Das Plakat zur Wahl des Integrationsausschusses der Grünen finden Nohl und Faust aber sehr interessant: „Leider verstehe ich die in fremder Sprache geschriebene Aussage nicht. Eine Übersetzung wäre hilfreich,“ zeigt sich Nohl enttäuscht. „Ohne Dich geht es nicht,“ hilft Claudia Schmidt von den Grünen mit der Übersetzung und versichert das die Plakate „gezielt die Wähler des Integrationsausschusses ansprechen sollen.“

FDP-Plakate sucht man in der Fußgängerzone vergeblich. Erst auf der B7 entdecken die beiden Frauen ein kleines Wahlplakat. Das hat auch Gründe, wie Kreisvorsitzender und OB-Kandidat Marcel Hafke klarstellt: „Wir haben die kleinen Plakate für die Kommunalwahl gezielt dorthin gehängt, wo die Menschen wohnen.“

Gestalterisch kommt das Plakat der FDP bei Nohl und Faust sehr gut weg. Faust: „Die Personen sind in schwarz-weiß abgebildet. Das ist ein toller Kontrast zu den grellen Farben Gelb, Magenta und Blau. Mit dieser auffälligen Farbgestaltung heben sich die Plakate deutlich von anderen ab.“ Nohl sieht es ein wenig kritischer: „Challenge Accepted klingt cool und soll natürlich die jungen Wähler ansprechen, doch passt der Satz nicht zu den Personen auf dem Bild. Die wirken sehr bieder und sind auch bieder gekleidet,“ so Nohl weiter.

Das Plakat der Linken mit dem Slogan „Wohnen bezahlbar machen“ erzielt laut Faust eine „sehr große Fernwirkung. Es wird nur Text verwendet. Da kann man nicht viel falsch machen. Außerdem trifft das Thema Wohnen viele Schichten. Es könnte von jeder beliebigen Partei sein.“ Nohl kritisiert dagegen ein wenig die grafische Linie: „Die Störer sind farblich unterschiedlich und lassen keine Linie erkennen. Dadurch, dass nur Text verwendet wird, ist das Plakat natürlich sehr gut zu lesen.“

Laut Nohl „erregen die Wahlkampfplakate der Partei „Die Partei“ die meiste Aufmerksamkeit.“ Die Partei kämpft mit Aussagen um Stimmen wie: „Nazis töten.“ und „Hier könnte ein Nazi hängen.“ Für Nohl geht das allerdings zu weit. Kollegin Romy stimmt ihr voll zu. „Satire darf für mich nicht alles. Diese Plakate sind zwar leserfreundlich und auch von weiter Entfernung gut lesbar, doch ist die Botschaft sehr fragwürdig.“

Dass die Plakate provozieren, ist klar. OB-Kandidatin Mira Lehner sagte: „Sie tun, was sie sollen.“ Dabei ist vom Amtsgericht Bielefeld dieses Jahr festgestellt worden, dass es sich nicht um eine Aufforderung handelt. Das Plakat „Nazis töten.“ ist als Aussage zu verstehen - mit Bezug auf die NS-Zeit, den NSU oder den Mord an Walter Lübke.

Ganz anders beurteilen Nohl und Faust dagegen die Freien Wähler. „Das Plakat wirkt wie ein Ausdruck aus einer Word-Datei und erscheint, als wäre es aus den 70er Jahren. Außerdem wird die Aussage nicht richtig klar“, so Nohl. Das Design kommt bei den beiden Frauen auch nicht besonders gut weg. „Gestalterisch geht das gar nicht. Weiße Schrift auf Orange ist schlecht lesbar. Besonders für Autofahrer im Vorbeifahren,“ meint Faust.

Ob und wie die Wahlplakate die Leser beeinflussen, wird sich am 13.September zeigen.