Wuppertaler Tanzzentrum Was ist ein Pina Bausch Zentrum: So lief der erste Workshop

Wuppertal · Eine unterhaltsam informative Aufforderung mitzubauen.

Olaf Reitz, Sina Dotzert, Reza Shirinzadeh, Jonathan Renze und Christoph Rodatz (v.l.) fragen gemeinsam „Was ist ein Pina Bausch Zentrum?“.

Foto: Kevin Bertelt

Das „Forum Wupperbogen“ ist fester Bestandteil des Konzepts zum künftigen Pina Bausch Tanzzentrum. Als eine von vier Säulen soll es die Teilhabe der Öffentlichkeit sichern – der Bevölkerung wie der freien Szene. Nun startete in der „Börse“ an der Wolkenburg das Beteiligungsformat „Was ist ein Pina Bausch Zentrum?“. Als Ansage des Abends ließe sich nennen: Die viel zitierte „Stadtgesellschaft“ macht jetzt Ernst mit dem „Bogen“ – freilich mit einiger Komik.

Kaum Thema war die jüngste Nachricht zum Tanztheater, dass Boris Charmatz seine Intendanz vorzeitig beendet. Die Akteure waren keine Tanzaktiven, sondern Teil des performativen Projekts „Wohnen in der Politik“, an dem sich neben dem Kommunikationszentrum und dem Schauspieler Olaf Reitz der Fachbereich „Public Interest Design“ der Bergischen Universität beteiligt. Das Projekt kooperiert außerdem mit dem Format „Pina Bausch Zentrum - under construction“, das die Vorlaufphase vor dem Bau mit Leben erfüllt. Lange Rede, kurzer Sinn: In der nun auftretenden Gruppe gab es viel Spiellust und Bühnenkompetenz – und so kam denn die Eröffnung nicht bloß als Informationsveranstaltung daher, sondern als halb heitere Performance.

Die Causa Charmatz fand da nur als neuester Termin in der Chronologie Erwähnung, die das fünfköpfige Team neben weiteren Inhalten aus-, besser: aufführte. Mit durchaus theatralen Mitteln: Mit Reitz als Spielleiter mimten die vier anderen die besagten „Säulen“. Sina Dotzert, früher Operndramaturgin und heute Börsen-Mitarbeiterin, gab die Säule „internationales Produktionszentrum“, Christoph Rodatz die „Pina Bausch Foundation“. Reza Shirinzadeh trat als „Wupperbogen“ auf und Jonathan Renze (wie die zwei vorigen vom „Public Interest Design“-Fach) als „das Tanztheater“ selbst.

Über Worte, Töne, Bilder und Aktion „Input“ vermitteln

Das Freischwebend-Schräge in dieser Idee entsprach dem Ansatz des kompletten Abends. Worte, Töne, Bilder, Aktion: Auf diese Weise wurde der „Input“ vermittelt, der Basis des Folgenden in der Reihe sein soll. Das heute gestartete „Was bisher geschah“ läuft an verschiedenen Orten entlang der Talachse noch bis zum 13. März. Der Workshop „Was geschehen sein wird“ soll am 29. und 30. März dann auf dort erworbenen Kenntnissen aufbauen.

Und ohne dass man sich alles merken musste, wie Reitz beruhigte: Fakten gab es viele. Ganze drei Grundsatzbeschlüsse, lernten die Besucher etwa, hat es zum Zentrum über die Jahre schon gegeben. Warum so viele konnte nicht ganz geklärt werden. Reitz: „Im Prinzip hat sich nicht viel verändert.“ Das blieb nicht der einzige Moment mit Schmunzel-Potenzial, ohne spöttisch zu werden.

Inhaltlich wurde der Werdegang ab den ersten Beschlüssen referiert. Erwähnung fand, dass das Schauspielhaus anfangs für verschiedene Neunutzungen im Gespräch war, darunter als Von-der-Heydt-Museum. Auch an O-Ton gab es einiges: Stefan Hilterhaus, der das Konzept samt Säulen verantwortet und beim Workshop dabei sein will, war vom Band zu hören; dabei verband er die Beteiligung am Zentrum mit der partizipativen Historie der Stadt: „Die Beteiligung der Stadtgesellschaft hat Tradition in Wuppertal.“ Auch Bettina Milz, Koordinatorin des Zentrums und beim Abend im Publikum, sowie Ex-Kämmerer Johannes Slawig waren zu hören und per Foto-Konterfei zu sehen.

Sanfte Ironie durchzog das Ganze aber doch – bis hin zum zuckersüßen Gesang des Quintetts am Ende mit Dotzert am Klavier: „Es ist ein Haus in Bewegung... Begegnen, durchkreuzen, inspirieren.“ Und wohl eine Spur Skepsis: Wie genau und wie umfangreich der Anteil der versprochenen Öffnung per „Bogen“ sich ausnehmen würde, das ist seit Jahren eine in der Szene nicht ohne Argwohn gestellte Frage. An diesem Abend mochte das leise anklingen, wenn Shirinzadeh, der Fleisch gewordene „Wupperbogen“, durch den Raum spazierte und sich verdächtig weit vom Zentrum (des Geschehens) entfernte, bis Reitz ihn im Spiel zurückrief.

Außerdem gab es mancherlei Bau-Metaphern. Die Vorab-Reihe „under construction“ hatte sich im Namen als Baustelle bekannt, auch die „Säulen“ entstammen dieser Bilderwelt. Der erste Abend ermunterte nun „mitzubauen“ – und war, bei allem humorig-abwartenden Vorbehalt: konstruktiv. Die interessierte Allgemeinheit ist integraler Aspekt – der charmante Aufruf zum Mittun nahm das Versprechen beim Wort. Olaf Reitz: „Das ist eine Einladung. You‘re welcome.“