Drogentotengedenktag Wuppertal: Internationaler Gedenktag für Drogentote setzt Zeichen der Aufklärung und Prävention
Wuppertal · Proaktiv heraus aus der Tabuzone: Anlässlich des internationalen Drogentotengedenktags haben Vereine und Initiativen über Gefahren des Konsums und Wege aus der Sucht informiert.
Wer ein Thema aus der Tabuzone holen möchte, tut gut daran, proaktiv darüber zu informieren. Insofern erfüllt der Internationale Gedenktag für Menschen, die aufgrund von Drogenkonsum gestorben sind, eine wichtige Funktion: Er informiert über die Gefahren des Drogenkonsums, zeigt Wege aus der Sucht und klärt über Hilfsangebote für Betroffene auf. Am Montag erlebte der von dem Wuppertaler Jürgen Heimchen ins Leben gerufene Gedenktag aber eine Premiere. Aufgrund von Bauarbeiten fand er nicht vor den City-Arkaden statt, sondern zog auf den Willy-Brandt-Platz vor die Rathausgalerie um.
Dass der Gedenktag aus der Elberfelder City etwas an den Rand gedrängt wurde, dürfte aus Sicht von Thomas Rehbein von der Fachstelle für Suchtvorbeugung bei der Drogenberatung Wuppertal vermutlich am Thema vorbeilaufen. „Wir hatten im vergangenen Jahr 20 Drogentote in Wuppertal“, sagte er. Bundesweit seien 2023 insgesamt 2227 Todesfälle von Menschen zu beklagen, die aufgrund des Konsums illegaler Drogen ums Leben kamen. Das sei eine „deutliche Steigerung“ gegenüber dem Jahr zuvor.
Als Folge der Corona-Pandemie sowie der weltweiten Krisen (Kriege, Klimawandel) gebe es „eine deutlich erhöhte Zahl an psychisch belasteten Jugendlichen“ – auch in Wuppertal. „Angst und Depressionen gehen durch die Decke“, hat Rehbein beobachtet. Hinzu komme eine Szene, in der der Handel mit illegalen, vor allem synthetischen Drogen massiv zugenommen habe. „Die Verkaufsstrategien des Schwarzmarktes sind deutlich aggressiver geworden.“ Auch Trends wie der Konsum von Lachgas setzten der Drogenberatung zu.
Die öffentliche Aufmerksamkeit auf ein wichtiges Thema lenken
Wie viele Menschen in Wuppertal drogenabhängig sind, kann nur grob geschätzt werden. Nach Ansicht des Experten dürften es rund 2500 sein. Um über dieses Problem zu informieren, sei ein solcher Gedenktag wichtig. Die teilweise Legalisierung von Cannabis hält Rehbein – anders als mancher Kritiker von konservativer Seite – dagegen für nicht so problematisch. Dieser Schritt sei „überfällig“ gewesen, da es nicht darum gehen dürfe, Drogenkonsumenten zu kriminalisieren und zu bestrafen.
Für Nils Badenheuer, Streetworker bei der Suchthilfe Wuppertal gGmbH, ist der Gedenktag ein Termin, um die öffentliche Aufmerksamkeit auf ein wichtiges Thema zu lenken. In der klassischen Drogenszene bemerkt er derzeit vor allem den Trend zum Crack-Konsum. Crack ist ein Kokain-Derivat, das billig herzustellen und zu vergleichsweise günstigen Preisen in der Szene zu haben ist. Crack, das in einer Pfeife geraucht wird, habe sich mittlerweile „überall ausgebreitet“, erklärte Badenheuer. Aufgrund der Tatsache, dass es die Konsumenten schnell und nachhaltig abhängig mache, trage es verstärkt zu Verelendung und „sozialer Desintegration“ in der Szene bei. Positiv sei immerhin, dass es in Wuppertal noch eine gute medizinische Versorgung der Betroffenen auch mit Substitutionsmitteln für die Drogen gebe.
An den Ständen informierten die Vereine und Initiativen am Montag von 10 bis 15 Uhr über ihre Angebote. Auf dem Boden davor war ein Kreuz aus weißen Rosen für die verstorbenen Drogenkonsumenten ausgelegt worden. „Drogen töten – gedenkt“ stand in Kreide auf den Boden geschrieben, Einwegspritzen waren am Stand der Drogenhilfe zu erhalten. Der Schirmherr des Tages, Jürgen Heimchen, war krankheitsbedingt allerdings nicht vor Ort.
Dass Drogen nicht unbedingt in jedem Fall verboten sind, machte Ulrike deutlich. Sie vertrat die Anonymen Alkoholiker und war nach eigenen Angaben bis zum Alter von 36 Jahren von Alkohol und Medikamenten abhängig. Das ist mittlerweile schon mehr als 40 Jahre her, gleichwohl muss sie auch heute noch jeden Tag ihr Konsumverhalten auf ihre Suchterkrankung hin überprüfen. „Man muss sich entscheiden, ‚clean‘ zu leben“, sagte sie. Und dieses Bekenntnis müsse man jeden Tag erneuern und sich sagen: „Einen Tag übersteht man immer!“
Um anderen Süchtigen oder potenziell Betroffenen zu helfen, geht Ulrike regelmäßig ins Gefängnis oder die Psychiatrie. „60 Prozent aller Straftaten werden unter dem Einfluss von Alkohol und Drogen verübt“, berichtete sie. Deshalb sei es wichtig, Menschen dabei zu helfen, ihr persönliches Umfeld zu verändern, um aus den gewohnten Strukturen und den damit verbundenen Konsumgewohnheiten dauerhaft auszubrechen.