Seminar Wuppertaler Berufsschüler lernen aktiv alles über die Gefahren im Verkehr
„Tag der Verkehrssicherheit“ am Berufskolleg Wuppertal.
Der grüne Kleinwagen überschlägt sich im Zeitlupentempo, kommt auf dem Dach liegend zum Stillstand. Kopfüber hängen die beiden jungen Männer im „Unfallfahrzeug“. Das ist glücklicherweise ein Simulator beim „Tag der Verkehrssicherheit“, der jetzt im Berufskolleg an der Gewerbeschulstraße für die Schüler im ersten Lehrjahr stattfand.
Schulleiter Johannes Ulke hat diesen gemeinsam mit seinem Team für seine Schüler zum zweiten Mal mit verschiedenen Partnerorganisationen organisiert. Teilgenommen haben etwa 150 Schülerinnen und Schüler, nur etwa zehn Prozent sind Mädchen.
Die Polizei war mit einem Trainingsparcours vor Ort, den man mit einer „Torkelbrille“ bewältigen musste. Sie simuliert eine – je nach Promillegehalt – verschwommene Wahrnehmung der Umgebung. Einen kleinen Ball fangen, ihn zu Polizistin Sylvia Gromzik zurückkicken und dann den verschlungenen Markierungen auf dem Boden auch teilweise rückwärts folgen – hier kamen einige Schüler ins Straucheln, konnten hautnah erleben, wie Alkohol und Drogen die Motorik, die Reaktionsfähigkeit und die Wahrnehmung beeinflussen.
Die AWG (Abfallwirtschaftsgesellschaft) demonstrierte die neuesten Assistenzsysteme in den riesigen Müllwagen. Hier konnten die Auszubildenden erleben, dass das Fahrzeug automatisch stoppt, wenn sich ein Radfahrer im toten Winkel befindet.
Mitschülerin Zoe Yessen arbeitet ehrenamtlich beim Deutschen Roten Kreuz als Rettungsassistentin. Mit ihrer Kollegin hob sie einen vermeintlich verunglückten Mitschüler vorsichtig auf die Trage, sicherte ihn und manövrierte ihn behutsam in den Krankentransportwagen. „Falls jemand in die Situation kommen sollte, ist es gut, sich einen Rettungswagen mal von innen angesehen zu haben und zu wissen, was mit einem geschieht“, erklärt die Berufsschülerin den Sinn des Einsatzes an ihrer eigenen Schule.
Vor dem Selbstexperiment mit dem Gurtschlitten waren Falk Paffrath und Dominik Piter noch recht unbedarft und neugierig. Mit einer Geschwindigkeit von nur elf Stundenkilometern prallte der Autositz, in dem die „Fahrer“ durch Gurte gesichert waren, gegen ein stehendes Hindernis. Der Aufprall war hart, die beiden hielten sich nach dem Experiment Rippen und Brustkorb. „Es ist nicht zu glauben, dass das nur elf Stundenkilometer waren. Ich habe die Wirkung total unterschätzt“, fasste Dominik Piter seine Irritation danach in Worte.
Auch der Überschlagssimulator, der ebenfalls zunächst eher wie der Spaß auf einem Kirmeskarussell begriffen wurde, ließ die jungen Männer kleinlaut werden. Hier ging es nämlich darum, sich sicher aus einem Fahrzeug zu befreien, das auf dem Dach liegengeblieben ist. „Einfach den Gurt lösen geht nicht. Dann knallt man mit dem Kopf im Wagendach auf“, erläuterte Klaus Flieger, der ehrenamtlich bei der Verkehrswacht arbeitet.
Passend zu diesem Erlebnis demonstrierte die Feuerwehr nicht nur den angehenden Experten für Elektromobilität den Einsatz von „schwerem Gerät“, wenn es darum geht, Unfallopfer aus dem völlig demolierten Fahrzeug zu befreien. Die Jungen lernten, sich mit Händen und Füßen im Inneren des Unfallfahrzeugs abzustützen, bevor sie den Gurt lösen. „Das war kein schönes Gefühl!“ war die eher beschönigende Einschätzung von Moheeb Mahmoud, denn er schien ziemlich beeindruckt von dem Erlebnis zu sein.
Thema Wiederbelebung soll für alle verpflichtend werden
Informativ war auch das Wiederbelebungstraining. Das moderne digitale System ist besonders für die diejenigen spannend, die Mechatroniker werden. Allerdings möchte Schulleiter Johannes Ulke, der selbst Schüler am Berufskolleg war, bevor er die Meisterausbildung und ein Lehramtsstudium draufsetzte, dieses Training zukünftig für alle Klassen verpflichtend machen und in den Unterricht einbauen.
In einem Raum in der dritten Etage hingegen waren Betroffenheit, Entsetzen, Nachdenklichkeit und Mitgefühl die beherrschenden Emotionen. Hier mutete das Team von „Crashkurs NRW“ den jungen Leuten, angehenden Auto- und Motorradfahrern, einiges zu. Angehörige, Freunde und Kollegen, die einen Menschen im Straßenverkehr wegen Raserei oder Alkohol am Steuer verloren hatten, berichteten von ihren Emotionen, von Verlust, Verzweiflung und Wut. Mit der Aktion „Go Pink for Life“ erinnert Martina Nierhoff an den Tod ihrer Tochter, die im Januar 2020 in Österreich gemeinsam mit weiteren jungen Leuten starb, weil ein mit 1,9 Promille alkoholisierter Autofahrer in die an einer Bushaltestelle Wartenden raste.