Frauen: Wir wollen Kind und Karriere

Studie: Die finanzielle Unabhängigkeit ist jungen Frauen wichtiger als eine feste Beziehung.

Berlin. Junge Frauen in Deutschland wollen sich nicht zwischen Kindern und Beruf entscheiden, sondern beides haben. "Die Zeit des Entweder-Oder ist vorbei. Jetzt zählt das Und", sagte die wissenschaftliche Leiterin einer Meinungsstudie im Auftrag der Zeitschrift "Brigitte", Jutta Allmendinger, gestern in Berlin. Die Mitglieder der neuen Frauengeneration wollten einen Beruf und eigenes Geld, wünschten sich fast alle Kinder und strebten nach sozialer Verantwortung.

Nicht nur Akademikerinnen, sondern junge Frauen aller Bildungsschichten seien dergestalt "auf dem Sprung" und überzeugt, dass sie all diese Pläne auch verwirklichen können. Für die Studie wurden mehr als 1000Frauen zwischen 17 und 19 sowie 27 bis 29 Jahren befragt. "Frauen auf dem Sprung", heißt der Titel der Studie, an dem Allmendinger anfangs Zweifel hatte. Hat sich wirklich so viel bewegt seit den 80er Jahren? Die Ergebnisse sprechen nach Ansicht der Bildungssoziologin dafür.

Zu den selbstbewussten Frauen gehört auch Katharina Müller aus Düsseldorf. Die Studentin würde bezüglich Kind und Karriere zwar einen Kompromiss eingehen. "Auf die berufliche Abwechslung möchte ich nur ungern verzichten", sagt die 20-Jährige. "Ich denke, ich würde es so machen, wie meine Mutter. Die ist in den ersten Jahren, als ich klein war, auch zuhause geblieben." Danach könne man ja langsam anfangen, in den Beruf einzusteigen. "Vielleicht auch halbtags. Ganz darauf verzichten würde ich aber nie."

Insgesamt sagten 99 Prozent der Befragten von sich: "Ich weiß, dass ich gut bin." Dass sie ohne Ziele im Leben nicht weiterkommen, glauben fast alle. 79 Prozent geben an, hart für diese zu arbeiten. 85 Prozent legen Wert auf finanzielle Unabhängigkeit, fast ebenso viele auf eine gute Ausbildung. Gut drei Viertel der Befragten wünschen sich eine feste Beziehung - kaum weniger schreiben Beruf und Arbeit eine hohe Bedeutung zu.

Trotz des hohen Stellenwerts ihrer beruflichen Zukunft wünschen sich 90 Prozent der Befragten Kinder. Bei den 17-Jährigen könne sich nur noch für eine Minderheit von 13 Prozent vorstellen, ausschließlich Hausfrau zu sein. Fast drei Viertel der Befragten glauben, dass berufstätige Frauen selbstbewusster sind. Nur jede Fünfte hält Frauen für den beruflichen Konkurrenzkampf weniger geeignet als Männer. 62Prozent sehen ihre Geschlechtsgenossinnen dagegen in der Arbeitswelt auf der Überholspur.

Insgesamt sind Frauen der Studie zufolge bereit, sich vom eigenen Perfektionismus zu verabschieden. Sie servierten Gästen auch mal ein gekauftes Stück Kuchen und hielten sich nicht für eine Rabenmutter, wenn sie ihr Kind in eine Krippe gäben. In ihrem Bestreben, Familie und Beruf zu vereinbaren, fühlen sich die jungen Frauen allerdings von der Gesellschaft nur wenig unterstützt. Nur jede sechste glaubt, dass sich Kinder und Berufstätigkeit heute leicht vereinbaren lassen. "Wenn Unternehmen nicht reagieren und Frauen keine akzeptable Balance zwischen Arbeit und Leben bieten, werden ihnen bald wichtige Personalressourcen fehlen", prognostizierte Allmendinger. Damit würden ihnen Mitarbeiterinnen mit der Fähigkeit zur Konfliktlösung verloren gehen.

Camille Gas Die 17-Jährige geht zwar noch zur Schule, doch eines weiß sie ganz sicher: "Ich will nicht auf Kind oder Karriere verzichten. Ich weiß, dass beides geht." Woher? Ganz einfach: "Meine Mutter war alleinerziehend und sie hat sowohl meine Erziehung, als auch ihren Beruf gut unter einen Hut bekommen. Es ist alles nur eine Frage der Organisation", sagt die Schülerin selbstbewusst. Nach der Schule möchte sie Tanzlehrerin werden und wann sie Nachwuchs haben möchte, weiß Camille auch schon. "So zwischen 20 und 25 Jahren finde ich ideal."

Saskia Adolphy Die 19-jährige Schülerin hat schon jetzt genaue Vorstellungen davon, wie ihre Zukunft aussehen soll. "Ich möchte Lehrerin werden. Und ja, ich möchte auf jeden Fall auch Kinder haben." Am liebsten im Alter von 25 bis 30. Bedenken hat die junge Frau wegen dieses Vorsatzes gar keine. "Andere bekommen das doch auch prima hin. Man kann doch auch halbtags arbeiten gehen." Im Beruf Lehrerin ist das sicher machbar. Und Saskia hat noch ein Ass im Ärmel: "Der Partner sollte auch seinen Teil der Kinderbetreuung übernehmen."

Hannah Plingen Die 21-Jährige studiert noch, möchte aber später auf jeden Fall Kind und Karriere verbinden. "Ich habe in meiner Mutter ein tolles Vorbild. Sie hat drei Kinder großgezogen und nebenbei Karriere gemacht. Und das schon vor 20 Jahren. Das ging gut und das möchte ich auch." Eventuell schon zu Studienzeiten? "Nein. Natürlich werde ich erst fertig studieren und im Beruf Fuß fassen. Doch dann kann ich mir das sehr gut vorstellen. Heutzutage ist Kind und Karriere doch wirklich kein Pro- blem mehr", ist sich Hannah sicher.