Analyse: Eine Quittung für fehlende Gerechtigkeit

Der Präsident der Düsseldorfer Handwerkskammer zu den Ursachen des Wahlergebnisses.

Düsseldorf. Das Ergebnis der NRW-Wahl kann nicht wirklichüberraschen. Zu exakt spiegelt es das Stimmungsbild in weiten Teilender Bevölkerung wider. Die Erosion der großen Volksparteien, der hoheAnteil der Nichtwähler und der erstmalige Einzug einer linksextremenPartei in den Landtag sind Resultat eines tief sitzenden Unbehagens.Die Menschen fühlen sich nicht mehr mitgenommen von der Politik.

Weit verbreitet ist das Empfinden, dass es nicht mehr gerecht zugehtin unserem Land. Ein Empfinden, das gerade in den Tagen der Finanz- undWirtschaftskrise neue Nahrung erhalten hat. Wenn auch juristischkorrekt, so ist doch kaum zu verstehen, warum einfachen Mitarbeiterngekündigt wird, wenn sie 1,30 Euro Pfand unterschlagen, während Andereeine Bank wie die Hypo Real Estate ohne Konsequenzen vor die Wandfahren können.

Für die Verluste in Höhe von 100 Milliarden Euro haftenwir alle, während der Vorstandschef der Bank für sein "so erfolgreichesWirtschaften" mit einer Pension von jährlich 500000Euro "belohnt" wird.Kaum zu vermitteln ist, dass ein anderer Vorstandschef eben dieser Bankfür ein nur 18-monatiges, wenig erfolgreiches Engagement ab Beginnseines 60. Lebensjahres eine Pension von unglaublichen 235000 Euro proJahr erhalten soll.

All das widerspricht jedem Gerechtigkeitsempfinden. Uns sind dieRelationen verloren gegangen. Das gefährdet auf Dauer den Zusammenhaltunserer Gesellschaft. Man kann nicht dem Kleinen abverlangen, was derGroße nicht bereit ist zu geben. Es ist etwas aus dem Ruder gelaufen,weil grundlegende Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft außer Kraftgesetzt wurden.

Verantwortung hierfür trägt nicht nur die Politik, sondern ebensoeine kleine Elite, die sich aus der Verantwortung für die Allgemeinheitverabschiedet hat - und dieses leider auch ungestraft tun kann.Persönliche Verantwortung oder gar Haftung für unternehmerischeEntscheidungen scheinen für einen kleinen Teil unserer Gesellschaftnicht mehr zu gelten. Dabei ist die Haftungsfrage keine Petitesse. Sieist der Kern des Problems. Denn durch das Fehlen persönlicher Haftungwird das Fundament einer auf Freiheit und Selbstverantwortungbasierenden Wirtschaftsordnung untergraben.

Mit einem "Weiter so" werden wir aus dieser tiefen Vertrauenskrisenicht herauskommen. Die Handelnden in Politik und Wirtschaft müssendarum ringen, Glaubwürdigkeit zurück zu gewinnen. Das wird nur mitTaten gelingen. Wo ist zum Beispiel das seit zwei Jahren angekündigteneue Finanz-Regelwerk, das eine Wiederholung der Krise verhindern soll?Wer dieses und andere Probleme nicht anpackt, schafft kein neuesVertrauen. Die Quittung hierfür gab’s am Sonntag in NRW.