Analyse: Warum die CDU 840 000 Wähler verlor

Die Christdemokraten erzielten bei der Wahl ihr schlechtestes NRW-Ergebnis.

Düsseldorf. Mit einem Verlust von mehr als zehn Prozentpunkten ist die CDU der Verlierer der Wahl in NRW. Den Wahlforschern von Infratest Dimap zufolge haben die Christdemokraten im Vergleich zu 2005 rund 840 000 Stimmen verloren. Den größten Teil davon machten Nichtwähler aus: 330 000 CDU-Wähler blieben am Sonntag zu Hause. Ulrich von Alemann, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Düsseldorf: "Die Wähler stecken in einer Zwickmühle. Sie wollen keine andere Partei wählen, sind aber von der Politik ihrer Partei enttäuscht."

Die Ursachen dafür sehen Experten der Forschungsgruppe Wahlen allerdings nicht in der Bundespolitik. Zwar gebe es in NRW auch Unzufriedenheit mit der schwarz-gelben Bundesregierung, einen Denkzettel in Richtung Berlin wollten deshalb aber nur 15 Prozent der Befragten erteilen. Grundsätzlich sei für 41Prozent die Politik im Bund, aber für 55 Prozent die Politik in NRW wichtiger gewesen.

Politikwissenschaftler von Alemann sieht das anders: "Wenn immerhin 41 Prozent angeben, dass die Bundespolitik ausschlaggebend ist, muss man das Ergebnis anders interpretieren." Und wie kann man erklären, dass die CDU 140 000 Wähler an die SPD und sogar 30 000 an die Linke verloren hat? Der Schlüssel liegt in der Figur Rüttgers. 2005 noch zum Arbeiterführer stilisiert, konnte er einen großen Teil der SPD-Stammklientel gewinnen. Damals wählten rund 40Prozent der Arbeiter die CDU. Diesmal waren es 22 Prozent.

Doch warum wurde nicht auch der Koalitionspartner abgestraft? Verglichen mit dem Ergebnis der NRW-Wahl 2005 konnte die FDP zwar leicht zulegen, doch an das zweistellige Ergebnis bei der Bundestagswahl kamen der Liberalen in NRW nicht heran. Nach der Befragung von Infratest Dimap konnte die FDP nur 130 000 Wähler hinzugewinnen, die gezielt eine schwarz-gelbe Koalition favorisierten.

Von der Schwäche der Regierungsparteien profitieren vor allem die Grünen. 90 000 CDU-Wähler und immerhin 30 000 FDP-Anhänger entschieden sich an der Wahlurne zum Wechsel. Nach Einschätzung der Wahlforscher liegt das vor allem daran, dass die Grünen ihr Image unter Schwarz-Gelb klar verbessern konnten. Besonders bemerkenswert: Als einzige etablierte Partei konnten die Grünen neue Wähler mobilisieren. Laut Infratest Dimap entschieden sich 80000 potenzielle Nichtwähler für Grün. "Die Grünen haben sich als sympathische Partei der Mitte präsentiert, sich klar von den anderen Parteien abgegrenzt", sagt von Alemann.

Als Gewinner fühlt sich aber auch die SPD. Ob zu Recht, ist allerdings fraglich. Zwar verloren die Genossen nicht so stark wie die Christdemokraten, doch auch die SPD büßte 420 000 Stimmen ein: 170 000 wählten Grün, 70 000 die Linke, und 130 000 SPD-Wähler blieben zu Hause.